Für den Dienst an den Schwachen
Fünf Männer werden in der Region am 30. Juni zu Diakonen geweiht
Michael Fox (47) arbeitet bereits seit 22 Jahre bei der Kirche, bisher als Gemeindereferent in Waldheim. Dass er sich nun zum Diakon weihen lässt, bezeichnet er als "Ergebnis eines ganz langen Prozesses". Zunächst hatte er Fernsehmechaniker gelernt, ein Beruf der dem technisch interessierten jungen Mann Freude machte. Und dennoch verspürte er bald den Wunsch nach einem Beruf, der intensiveren Kontakt mit Menschen erlaubte. In seiner Freizeit hatte er sich in der Jugendarbeit seiner Heimatgemeinde Flöha engagiert und zwei Behinderte betreut. Besonders im Umgang mit ihnen ist ihm aufgegangen, dass er "gut mit Menschen kann". 1985 sandte Bischof Gerhard Schaffran ihn in den Dienst als Gemeindereferent. Zunächst war er in Annaberg-Buchholz im Einsatz, ab 1998 dann in Waldheim.
1989 heiratete er seine Frau Cornelia. Sie bekamen zwei Töchter und einen Sohn, die mittlerweile 17, 15 und zwölf Jahre alt sind. "Im Laufe meines Daseins als Gemeindereferent und als Gefängnisseelsorger in der Justizvollzugsanstalt Waldheim ist meine Berufung zum Diakon gewachsen", beschreibt er. Der besondere Dienst an den Menschen steht für ihn an allererster Stelle: "Dem Neuen Testament zufolge sind ja die Diakone eingesetzt worden, damit in der Kirche der Liebesdienst an den Menschen nicht vernachlässigt wird." Doch auch die liturgischen Dienste und die Verkündigung, die ebenfalls zum Diakonat gehören, sind ihm wichtig. Die Weihe versteht er als Geschenk Gottes für sein Leben, und er ist froh, dass seine Frau ihm auf diesem neu eingeschlagenen Weg in vielfältiger Weise zur Seite steht. Beispielsweise betet das Ehepaar das Stundengebet, zu dem Diakone verpflichtet sind, bereits jetzt gemeinsam. Da Michael Fox schon eine kirchliche Ausbildung in der Tasche hatte, absolvierte er nur den letzten Teil des Magdeburger Diakonenkurses gemeinsam mit den anderen Diakonatsbewerbern. Anstelle von den in der Ausbildung vorgesehenen Gemeindepraktika ging er weiter seiner langjährigen Arbeit nach. Als diakonisches Projekt führte er im Waldheimer Gefängnis eine Weihnachtsaktion für bedürftige Gefangene durch. Wenn er nach der Weihe mit seiner Familie von Waldheim nach Chemnitz umzieht, werden ihn besonders die lebenslänglich Inhaftierten vermissen. Für manche von ihnen ist er in den letzten Jahren zu einer wichtigen Bezugsperson geworden. Das künftige Wirkungsfeld des Diakons wird die Chemnitzer Propsteigemeinde sein.
Ursprünglich hatten Stephan Baldßun und Thomas Kappe, die beiden Männer, die in Erfurt zu Diakonen geweiht werden, nicht gedacht, einmal einen geistlichen Beruf auszuüben, obwohl sie aus christlichen Elternhäusern stammen. Vielmehr hatten sie nach der Schule einen Handwerksberuf erlernt. Erst einige Jahre später reifte aus einer Mischung von Lebenserfahrung und Lebensfragen ihr jetziger Entschluss, Diakon zu werden.Bei Stephan Baldßun aus Niederorschel im Eichsfeld hatte die Unzufriedenheit mit seinem Handwerksberuf schon sehr früh eingesetzt. Bereits während seiner Tischlerlehre habe er gemerkt, dass ihn diese Arbeit nicht "erfüllen" könne. Er wollte Krankenpfleger werden, "mit Menschen arbeiten, für sie da sein", was er nach der abgeschlossenen Lehre auch in die Tat umsetzte. "Dennoch", sagt der 38-Jährige, "in mir war ein gewisser Wunsch, anders für die Menschen da zu sein." Es folgte das Fernstudium am Magdeburger Seminar für Gemeindepastoral und damit einhergehend in verschiedenen Eichsfelder Gemeinden die Arbeit als Praktikant, später als Gemeindeassistent und seit 2000 als Gemeindereferent. Der verheiratete Vater eines Sohnes baut damit zwar schon auf einer fast 13-jährigen Erfahrung in der Gemeindearbeit auf, möchte aber weiterhin "unvoreingenommen" in die Gemeinden gehen und sehen, was ihnen wichtig ist: "Jede Gemeinde ist anders und muss auch als einmalig wahrgenommen werden."
Wenn Stephan Baldßun ab August Diakon in St. Maria Magdalena in Leinefelde ist, wird er in Pfarrer Bernhard Wehner, seinem ehemaligen Jugendkaplan, einen der Menschen treffen, die ihm "viel von Gott und seiner Schöpfung erzählt haben". Die Pfarrjugendzeit und seine Familie hätten seinen Glauben und seine "tiefe Beziehung zu Gott und den Menschen" geprägt. "Im Nachhinein betrachtet ist in dieser Zeit sicher schon etwas in mir geschehen", blickt der Eichsfelder auf die Jahre in der Pfarrjugend zurück, in denen er auch seine Frau Edda kennengelernt hat. "Ich hatte die Gnade zuzuhören und wie es nun sein soll, auch darauf zu antworten", sagt der künftige Diakon.
In seine neue Arbeit habe er bereits durch die Zeit im Diakonatsbewerberkreis "einen tieferen Einblick gewonnen" und erfahren, dass "dieser Dienst eben nicht nur von mir als Diakon, sondern schon von der ganzen Familie zu tragen ist", erzählt Baldßun. Aber das wisse auch seine Frau. "Sie hat mich bisher immer in meinem kirchlichen Dienst unterstützt", ist er optimistisch und freut sich nun besonders auf den Weihetag, auch deshalb, weil sein Sohn in der Liturgie ministrieren darf.
"Tauchen oder Theologie?" hatte sich Thomas Kappe aus Wurzbach bei Lobenstein vor einigen Jahren gefragt, als es einmal um etwas anderes als die Arbeit gehen sollte. Vom Tauchkurs sei der Schlosser- und Schmiedemeister allerdings mit Schwindelgefühlen und Schädelbrummen zurückgekommen, weshalb dann die Theologie den Zuschlag erhielt.
An der Heimvolkshochschule St. Ursula in Erfurt absolvierte Thomas Kappe bald einen Grundkurs Theologie. Mit den Teilnehmern dieses Fernkurses besuchte er schließlich Ordensschwestern in Assisi für eine Woche -es war die Woche des 11. September 2001. Der sechsfache Familienvater kann sich noch gut erinnern, wie ihn diese Tage auf seinem eingeschlagenen geistlichen Weg bestärkten. Zum einen sei es der Besuch am Grab des heiligen Franziskus gewesen, der ihn innerlich stark berührt habe. Zum anderen war es die Nachricht vom Terroranschlag auf das World-Trade-Center in New York. "Ich konnte zwar kein Wort Italienisch, aber ich habe die Unruhe und das Entsetzen in den Gesichtern der Schwestern gesehen. Ich habe gespürt, dass in dieser Situation die Religion als Einziges Halt geben kann", erzählt der 43-Jährige.
Mehr und mehr gefestigt in der Meinung, "es gibt etwas Wichtigeres als Kommerz", belegte Kappe in den vergangenen Jahren das Fernstudium am Magdeburger Seminar für Gemeindepastoral. Dafür gab der Südthüringer den von seinem Vater übernommenen Handwerksbetrieb auf und ist seit zwei Jahren Praktikant auf dem Erfurter Domberg. Er bearbeite jetzt "ein anderes Material" und der "Respekt vor der Arbeit ist ein völlig anderer".
Um ihrem Mann in der Landeshauptstadt zur Seite zu stehen, gab auch seine Frau Rita ihren Beruf auf. "Das ist ihr schwergefallen", so Thomas Kappe, der sich ihrer grundsätzlichen Unterstützung aber auch in seiner zukünftigen Gemeinde in Ohrdruf sicher ist. Dort würde er die in Erfurt begonnene Arbeit mit Kindern und Familien gern fortsetzen, sagt der angehende Diakon, doch prinzipiell wolle er sich nach den Wünschen und Bedürfnissen der Gemeinde richten, auf die er sich schon freut.
"Besondere Berufung des Diakons ist der Dienst an den Armen und Schwachen", sagt Andreas Weiß, der zusammen mit Thomas Wünsch in Magdeburg zum Diakon geweiht wird. Armut versteht er dabei nicht nur materiell, er zählt auch Menschen ohne Lobby dazu. "Es gilt etwa den Menschen zur Seite zu stehen, die vorzeitig aus dem Berufsleben ausscheiden und dann ihren Platz im Leben neu finden müssen", so der 46- Jährige. "Aber es gehören auch die Erwerbslosen dazu", sagt er aus eigenem Erleben. Darüber hinaus denkt Weiß auch an die jungen Leute: "Religionsunterricht, Jugendarbeit, Präsenz in der Schule -das ist auch diakonaler Dienst! Sind Jugendliche denn nur Leute, die eine Durststrecke durchlaufen? Oder sind sie Suchende, Menschen, die sich vielleicht in der Kirche nicht wiederfinden, die wir als Gemeinde aber dennoch begleiten müssen?" Diese Erfahrung habe er nicht nur im Praktikum in der St-Mechthild- Grundschule und im Norbertusgymnasium in Magdeburg gesammelt, sagt Weiß. Den Dienst des Diakons haben er und seine Frau Birgit erstmals in ihrer Heimatgemeinde Aschersleben durch den inzwischen verstorbenen Detlef Krollmann erlebt.
Zunächst lernte Andreas Weiß Instandhaltungsmechaniker mit Abitur, studierte, weil ihm Geologie verwehrt blieb, Maschinenbau. Seit 1991 lebt Familie Weiß in Wernigerode, heute mit mittlerweile drei Kindern. Frau Weiß ist Ärztin. Als Diplom-Ingenieur arbeitete er in Ilsenburg, wurde jedoch bald erstmals arbeitslos. Teilweise nahm er die Erziehungszeiten für die beiden Söhne wahr. Eine Zeit lang engagierte sich Weiß beruflich in einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für die Katholische Erwachsenenbildung. Der künftige Diakon interessiert sich für Musik, singt gern und spielt Gitarre. Gern ist er in der Natur unterwegs. Mit seiner Familie hat er die Spiritualität von Taizé für sich entdeckt und ist bemüht, daraus ein Stück zu leben.
Auch wenn in der nun zurückliegenden fünfjährigen Ausbildungs- und Praktikumszeit vieles habe nur angerissen werden können, sei er dankbar für die diözesanübergreifende Ausbildung, betont Weiß. Allerdings müssten künftig die Belange der Familien der Diakonanwärter größere Berücksichtigung finden und deren Begleitung intensiviert werden, hebt er hervor.
Bei der Vorbereitung auf seinen hauptamtlichen Dienst ist ihm ein Wort des 1945 hingerichteten Jesuiten Alfred Delp wichtig geworden. Delp sah die Zukunft der Kirche in der Rückkehr zur Diakonie. "Damit meine ich", so schreibt der Jesuit, "das Sich-Gesellen zum Menschen in allen seinen Situationen mit der Absicht, sie ihm meistern zu helfen ..."
"Zum Diakon gehört es, Nöte wahrzunehmen, sie vor die Gemeinde zu tragen und zu helfen", sagt auch Thomas Wünsch. "Ich freue mich auf diesen Dienst, den ich ehrenamtlich leisten werde, und will nach Kräften die Aufgaben im großen Gemeindeverbund Halle-Nord mittragen. Ich denke, das wird auch gelingen, schließlich engagiere ich mich seit meiner Jugendzeit in der Gemeinde", so der 44-Jährige. Thomas Wünsch ist seit 24 Jahren mit seiner Frau Katrin verheiratet. Beide haben sechs Töchter, von denen noch drei zu Hause leben. Wünsch selbst wuchs in Halle-Neustadt auf. Mit seiner Frau ist er gern mit Freunden zusammen, beide gehören einem ökumenischen Hauskreis an.
Thomas Wünsch schätzt die Musik der Beatles, genießt aber auch oft klassische Musik. Mit 17 Jahren ging er für vier Jahre als Vollmatrose zur Handelsflotte. Danach wurde er Tischler. 1999 übernahm Thomas Wünsch die Aufgabe des Küsters und Hausmeisters in der Propsteigemeinde in Halle. Der im vergangenen Jahr plötzlich verstorbene Propst Joachim Weber war es, der ihn auf den Weg zum Diakon brachte.
Die Gemeinde in Halle-Dölau, in der Thomas Wünsch mit seiner Familie wohnt und lebt, gehört zum Gemeindeverbund Halle-Nord, in dem Thomas Wünsch auch seinen ehrenamtlichen Dienst leisten wird. Ganz bewusst sei sein Arbeitsplatz in der Propstei in Halle- Mitte vom Bereich seines ehrenamtlichen Wirkens getrennt, so der künftige Diakon. "Unsere Aufgabe als Christen ist es, durch unser Tun Christi Licht in diese Welt zu tragen", sagt Wünsch im Blick auf seinen neuen Dienst. "Dazu gibt es jeden Tag und überall vielfältige Möglichkeiten."
Hinweis
Diakonenweihen am 30. Juni:
Waldheim um 10 Uhr in der katholischen Kirche mit Weihbischof Georg Weinhold Erfurt um 9.30 Uhr im Dom mit Bischof Joachim Wanke Magdeburg um 10 Uhr in der Kathedrale St. Sebastian mit Bischof Gerhard Feige.
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Donnerstag, 28.06.2007