Mit Elisabeth die Taufe entfalten
Der 800. Geburtstag der heiligen Elisabeth prägt auch die religiösen Kinderwochen in diesem Jahr
Leipzig - Elisabeth von Thüringen hat auf der Neuenburg bei Freyburg gelebt, für die Zeit um 1224/25 ist das sogar urkundlich belegt. Das mittelalterliche Leben auf der Neuenburg bildet deshalb im 800. Geburtsjahr der Heiligen das Szenario für die diesjährige Religiöse Kinderwoche (RKW)."Ihr seid gehalten euch eines gesitteten Benehmens zu befleißigen", ist in den Regeln für die Tafel des RKW-Abschlussfestes zu lesen. Um unberechtigte Elternhoffnungen jedoch gleich im Keim zu ersticken: Was langjährige elterliche Erziehungsbemühungen nicht vollbrachten, wird wohl auch die diesjährige RKW nicht ausbügeln können. Nicht die Vermittlung höfi scher Umgangsformen hatte das Autorenteam zuvorderst im Sinn, sondern die Auseinandersetzung mit dem Sakrament der Taufe.
Die Kinder begegnen an verschiedenen Schauplätzen der Burg der berühmten Landgräfi n von Thüringen und kommen dabei immer wieder mit dem Taufsakrament in Berührung. Im Obergemach der Doppelkapelle erfahren sie beispielsweise, dass Elisabeth ihre Königskrone vor dem Gottesdienst abzulegen pflegte. Dabei wird den Kindern die Taufsalbung näher gebracht, durch die sie selbst bei ihrer eigenen Taufe königliche, priesterliche und prophetische Würde verliehen bekamen. Wie es gelingen kann, diese Würde mit Leben zu erfüllen, ist Thema eines Gottesdienstes und der Katechesen, die auf Kinder verschiedener Altersstufen ausgerichtet sind. In einem Spiel denken die Mädchen und Jungen darüber nach, wie sie sich bei ihren Freunden in der Schule Ansehen verschaffen können: Mit dem Tragen von Markenklamotten, guten Zensuren, Teilnahme an der Sternsingeraktion oder heimlichem Rauchen ...? Im Umgang mit symbolträchtigen selbstgebastelten Kronen sollen sie lernen: "Wenn du das, was dir Ansehen verleiht, deine Fähigkeiten und Talente, wie eine Mauer um dich behältst, kann dein Licht nicht ausstrahlen. Wenn du deine Fähigkeiten weitergibst, strahlt dein Licht. Die Würde, die Gott dir schenkt, leuchtet."
Täglich in die Taufe "hineinkriechen"
Manche der Anregungen durchziehen alle RKW-Tage, beispielsweise der Patengedanke. Kinder werden ermutigt, Patenschaften für andere RKW-Kinder oder für anfallende Aufgaben wie die Gestaltung des Gruppenraumes oder die Vorbereitung von Gebetszeiten zu übernehmen. Für jeden Tag werden Auszeiten vorgeschlagen, die zu kurzen Momenten der Besinnung einladen. Von Elisabeth ist überliefert, dass sie schon als kleines Kind immer wieder Spiel und Tanz, später ihren Schlaf unterbrach für einen Besuch in der Kapelle. Für persönliche Auszeiten sollte ein eigener Platz eingerichtet werden, schlagen die Autoren vor. An diesem Auszeitplatz kann tagsüber eine besondere Kerze brennen und die Bibel mit dem Text zum jeweiligen RKWTag ausliegen. Die Kinder können diesen Platz aufsuchen, wenn sie zum Beispiel Ruhe brauchen oder Wut aufzusteigen droht.
Wesentliches Anliegen für das Team, das das RKW-Material für 2007 erstellt hat, war es, dass die Kinder in der Begegnung mit der heiligen Elisabeth immer mehr Gottes Zuwendung entdecken und ihm in ihrem Leben Raum geben können. Sie wollen den Kindern die Möglichkeit geben, wie es Martin Luther sagt, täglich in ihre Taufe "hineinzukriechen", schreiben die Autoren in der Einführung des RKW-Werkbuchs.
Das Material, das im jährlichen Wechsel von den Kinderpastoral- Abteilungen der ostdeutschen Bistümer verantwortet wird, kommt in diesem Jahr aus Magdeburg. 160 Männer, Frauen, Jugendliche und Kinder aus dem ganzen Bistum haben an der Erstellung des diesjährigen RKW-Materials mitgewirkt, angefangen von dem Redaktionsteam bis hin zu den Technikern, die die CD mit den RKW-Songs hergestellt haben.
Lieder, Dias und ein RKW-Andenken
Das Materialbuch sowie eine CD-ROM enthalten Katechesen mit Anspielen und altersgerechten Umsetzungsangeboten, liturgische Feiern, thematische Kreativangebote, weiterführende Ideen und Spiele. Weiterhin bietet die CD-ROM die Karaoke-Versionen zu allen und Partituren zu einigen Liedern. Für jüngere und ältere Kinder sollen die 25 Lieder im Liedheft und auf der Audio- CD die Thematik erschließen helfen. Diaaufnahmen vom Schloss Neuenburg führen die Kinder zu authentischen Lebensorten der heiligen Elisabeth. Als RKW-Andenken erhalten die Teilnehmer einen achteckigen Kerzenleuchter aus unbehandeltem Holz, den sie sich gestalten können.
Zu beziehen ist das Material beim St. Benno-Verlag, Stammerstr. 11, 04159 Leipzig, Telefon 01 80/3 46 77 77.
Drei Fragen an Matthias Slowik
Warum steht ausgerechnet die Taufe im Mittelpunkt der RKW über die heilige Elisabeth?
- Wir hatten uns überlegt, was heutige Kinder mit Elisabeth von Thüringen, die ja im Mittelalter gelebt hat, verbinden könnte und sind dabei auf das Sakrament der Taufe gekommen. Elisabeth hat dieses Sakrament in ihrer eigenen Art und Weise entfaltet.
Es geht darum, das mit den Kindern zu entdecken. Wir wollen nicht, dass sie die heilige Elisabeth nachahmen, sondern dass sie ein Bewusstsein entwickeln für die Lebensmöglichkeiten, die ihnen selbst aus der Taufe heraus erwachsen können.
Und wie sieht das konkret aus?
- Anknüpfungspunkte sind unter anderem die Symbole der Taufe. Die Kinder werden angeregt, über die Bedeutung dieser Symbole nachzudenken, aber auch über Riten und Gesten, die sie in der Kirche kennengelernt haben. Sie sollen spüren, dass -etwa beim Kommunionempfang -der äußere Vollzug den inneren Mitvollzug beeinfl usst.
Wir ermutigen sie, eigene Riten für ihren Alltag zu finden. Das kann beispielsweise in der Schule vor einer Klassenarbeit eine kleine, für die Mitschüler unauffällige Geste sein, mit der sich die Kinder in Erinnerung rufen, dass Gott ihnen nahe ist.
Es fällt auf, dass es im Vergleich zu früheren RKW-Materialien mehr Anregungen gibt, die auf mystisches Erleben hinzielen ...
- Ja, das stimmt. Es gibt einen allgemeinen Trend, der von der traditonellen Informationskatechese weg und hin zur Begegnungsund Erfahrungskatechese führt. Augenblicke der Stille, die wir in verschiedenen Formen vorschlagen, sollen eine innere Öffnung ermöglichen und gleichsam Landebahnen für die Begegnung mit Gott ebnen. Auch die Katecheten werden dabei mit hineingenommen. Die thematischen Kreativangebote tragen dann dazu bei, das Gehörte zu vertiefen und in anderer Weise zu verinnerlichen.
Dokumentiert - Betrachtung zur Kemenate
Wir blicken hinein in den Wohnraum der Burg. Hier standen einst große schwere Truhen. Truhen aus altem Holz, für edle Kleider aus Samt- und Seide, für Stoffe und Tücher, reich verziert und bestickt. Kleider umhüllen und bekleiden den Körper, sie wärmen und schützen, sie schmücken und strahlen Schönheit aus. Kleider "machen etwas her". Kleider "machen Leute".
Elisabeth trug fürstliche Kleider, ihrem Stande gemäß, die Kleider einer Edelfrau. Ihre Truhen waren reichlich gefüllt. Doch all diese Fülle verlor für Elisabeth immer mehr an Bedeutung. Sie verschenkte ihre prachtvollen Kleider an die Armen im Land. Sie wusch, selber in graue Kleider gehüllt, Kranke und Bettler. Sie bekleidete Nackte mit dem Kleid der Liebe und Barmherzigkeit. Ob sie spürte: Gott bekleidet mich mit seiner Liebe? ...
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 08.07.2007