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Bistum Dresden-Meißen

Familienleben lernen

Ins Caritas-Familienzentrum kommen viele Menschen, die in ihrer Herkunftsfamilie kaum Halt finden

Ein Rollenspiel zum Thema 'Mobbing' entwerfen: Bischof Joachim Reinelt schaut Mittelschülern des Bischöflichen Maria-Montessori-Schulzentrums über die Schultern. Foto: Dorothee Wanzek Leipzig - Gemeinsam um einen Tisch sitzen, warme Mahlzeiten zubereiten, Kinder mit einem Gute-Nacht-Ritual zu Bett bringen -Für die meisten TAG DES HERRN-Leser gehört wohl all das selbstverständlich zum Familienleben, nicht aber für die Besucher des Caritas- Familienzentrums in Leipzig.

Das Familien-Kompetenztraining (FaKT) im Caritas-Familienzentrum birgt für manche junge Mutter aus dem Plattenbauviertel Leipzig-Grünau Aha-Effekte, weiß Heike Steinberg, die Leiterin der Familienberatungsstelle. Dass sich Geld sparen lässt, wenn man statt des Mikrowellen-Nudelfertiggerichts ein Päckchen Spaghetti, eine Dose Tomaten und etwas Hackfleisch kauft, ist für manche FaKT-Teilnehmer eine Überraschung.

Zehn Wochen lang lernen sie nicht nur, wie sie besser mit dem Einkommen auskommen können. Auch im Bereich Haushalt, Partnerschaft, Erziehung und Gesundheit geht es darum, ihre Kompetenzen zu stärken und zu erweitern. Die jungen Frauen und -vereinzelt -Männer werden zumeist vom Jugend- oder Sozialamt verpflichtet, die Kurse zu besuchen. Häufig sind sie schon sehr jung Eltern geworden und haben selbst zu Hause kein harmonisches und strukturiertes familiäres Miteinander erlebt.

Das Familientraining ist nur eines von vielen Angeboten, mit denen die Mitarbeiter des Caritaszentrums sich -unterstützt von 50 ehrenamtlichen Helfern -in den letzten Jahren auf die sich wandelnde Lebenssituation von Grünauer Familien einstellt. Unter anderem gibt es noch den Bau- und Abenteuerspielplatz, die Hausaufgabenhilfe und das tägliche warme Mittagessen für Kinder, einen Laden für Bedürftige, eine Familienberatungsstelle, ein Familienbildungs-Projekt in Zusammenarbeit mit Kindertagesstätten und Projektarbeit mit Schulen zur Gewaltprävention.

Die Beratungsstelle wird nicht nur von Grünauer Familien gut angenommen, erzählt Heike Steinberg. Die Klienten kommen aus dem gesamten Stadtgebiet und darüber hinaus. Sehr breiten Raum in ihrem Beratungsalltag nehmen die Probleme von Trennungs- und Scheidungsfamilien ein. Wenn Eltern sich trennen, werden die Kinder häufig zu Streitobjekten. "Es gibt erbittertes Gezerre, da wird um jedes Haargummi gestritten, das nach dem Besuchswochenende beim anderen Elternteil im Rucksack fehlt", hat die Beraterin oft erlebt. Sie versucht, die Aufmerksamkeit der getrennten Eltern stärker auf die Bedürfnisse der Kinder zu lenken und gemeinsam mit ihnen Lösungen für ein friedliches, geordnetes Miteinander zu finden. In vier von fünf Fällen gelinge das sogar, freut sich die Caritas-Mitarbeiterin.

Die Caritas leiste im Grünauer Familienzentrum einen unschätzbaren Dienst an der Gesellschaft, lobte der Dresdner Bischof Joachim Reinelt, als er kürzlich das Zentrum besuchte. Vergangenen Sonntag wurde beim Elisabethtag der Bistümer Dresden-Meißen und Erfurt auf der Bundesgartenschau in Ronneburg dafür die Kollekte gesammelt. Tieferen Einblick hatte der Bischof insbesondere in die Arbeit des Gewalt-Präventionsprojekts "Stinktier" genommen. Er erlebte Fünftklässler des Bischöflichen Maria-Montessori- Schulzentrums Leipzig, die im Familienzentrum Projektunterricht zum Thema "Mobbing" erhielten. In Rollenspielen und Gesprächen, beim Erstellen von Collagen und Tonskulpturen versuchten sich die Mädchen und Jungen, in die Lage von Mobbingopfern, von Tätern und Mitläufern zu versetzen. Die Schüler sollen in dem Projekt lernen, Konflikte frühzeitig zu erkennen und gewaltfreie Lösungswege zu finden. Sie sollen sich selbst besser kennen und akzeptieren lernen und zu einer besseren Kommunikation in der Klasse finden. Ihre Klassenlehrer nehmen als Lernende mit an dem Projekt teil. Auch Joachim Reinelt sprach mit den Schülern über die Erfahrungen aus der eigenen Schulzeit und knetete ein tönernes Mobbing-Opfer, das mit tief hängendem Kopf ziemlich niedergeschlagen wirkte.

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 28 des 57. Jahrgangs (im Jahr 2007).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 15.07.2007

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