Wunder oder Wahrheit
Das Elisabeth-Musical in Eisenach
"Wunder oder Wahrheit?" -das ist die Frage, die die beiden Dichter Wolfram von Eschenbach und Walther von der Vogelweide beschäftigt. Sie beide haben nämlich den Auftrag erhalten, eine Dichtung über das Leben der heiligen Eisabeth von Thüringen zu verfassen. Und während Walther von der Vogelweide die Geschichte der Heiligen mit bunten Legenden ausschmücken will, ist Wolfram von Eschenbach der eher sachliche Typ, der nach der wahren Geschichte dieser Frau sucht.
Eingebettet in diese Rahmenhandlung erzählt das Musical "Elisabeth -Die Legende einer Heilgen" die Geschichte der Thüringer Landgräfin. Zu sehen ist es bis zum 15. September im Eisenacher Landestheater, wobei nach Angaben der Veranstalter schon 40 000 der 45 000 Karten verkauft sind. Produziert hat das Musical ein Unternehmen aus dem hessischen Künzell, die Spotlight-Musicalproduction, die bereits 2004 einen Publikumsrenner über eine religiöse Gestalt gelandet hat: Damals war es der heilige Bonifatius.
"Wunder oder Wahrheit?" -das ist die zentrale Frage, mit der der Zuschauer während des Musicals immer wieder konfrontiert wird. Wer war Elisabeth? Die Produzenten Peter Scholz und Dennis Martin sowie Regisseur Reinfried Schießler suchen dabei nach ehrlichen Antworten. War Elisabeth das kleine einsame Mädchen, das mit vier Jahren aus ihrer gewohnten Umgebung gerissen und an den Thüringer Landgrafenhof gebracht wurde? Oder war sie die vom Volk fast wie eine Messias- Gestalt erwartete Auserwählte, wie es das Eröffnungslied zum Ausdruck bringt: "Du bist auserwählt! / Man hat dich auserkoren / als ein Zeichen deiner Zeit / Wurdest du geboren. / Gebannt schaut alle Welt auf dich / Das ist ein schweres Los / Man hat auf dich gewartet / Und Erwartungen sind groß".
Schon bald bekommt Elisabeth den Hass des Hofadels wegen ihres Engagements für die Armen zu spüren. Auch ihr Verlobter und späterer Ehemann Ludwig bleibt davon nicht verschont. Selbst seine Mutter und sein Bruder warnen ihn vor Elisabeth. Er aber hält zu ihr. Welche Kraft diese Liebe Elisabeth tatsächlich gegeben haben mag, besingt sie in einem der schönsten Lieder des Musicals: "Solange ich denken kann, war ich allein / ich habe zu früh erfahren, was es heißt / einsam zu sein / einsam und schutzlos zu sein ... / Und du kommst und rettest die Welt für mich / du allein hast mein Rufen gehört / was wäre mein Leben nur ohne dich / weil es dich gibt / ist mir diese Welt deine Liebe wert."
Die Kraft dieser Liebe wird von Familie und Hofstaat immer wieder auf die Probe gestellt. Eine der bekannten Geschichten, die davon erzählt, ist das Rosenwunder. Elisabeth wird beschuldigt, Brot zu den Armen zu bringen, aber als ihr Mann nachsieht, findet er den Korb voller Rosen. Die Musical- Macher haben sich auch mit dieser Wunder-Geschichte auseinandergesetzt und versuchen sie für den modernen Menschen zu deuten, wenn Wolfram von Eschenbach singt: "Was ist ein Wunder? / Ich stell euch diese Frage, / ihr Menschen der Moderne / was wundert euch noch heutzutage?" Und seine Antwort heißt: "Wunder oder Wahrheit, / Rosen oder Brot? / Ist das wirklich eine Frage, / die die Heiligkeit bedroht? / Was macht die Frau besonders, / die man bis heute so verehrt / was macht jenseits aller Wunder / Elisabeth bewundernswert?" Und während sich beim ersten Öffnen des Korbes Rosen darin finden, ist der Inhalt später tatsächlich Brot.
Das Muscial spart auch problematische Fragen der Elisabeth-Biografie nicht aus: die Rolle ihres umstrittenen Beichtvaters Konrad von Marburg. Er ist es, der Elisabeth -schon zu Zeiten ihrer Ehe mit Ludwig, nach dessen Tod aber noch eindringlicher -immer wieder dazu drängt, den weltlichen Dingen ganz zu entsagen. Seine Bußpredigt an die Adligen findet bei Elisabeth Gehör: "Ich prophezeie euch, / Das Ende aller Zeiten steht bevor! / Das Heer des Teufels steht bereit, / Bald öffnet sich das Höllentor!". Nachdem Elisabeth von der Wartburg vertrieben ist und sich ganz in den Dienst der Armen stellt, wird der Einfluss Konrads auf sie immer größer. Eigentlich aber ist sie nur ein Spielball seiner Machtgelüste. Als sie anfängt, das zu durchschauen, hat ihr Dienst an den Ärmsten sie schon soweit aufgezehrt, dass sie -nur 24 Jahre alt -an den Folgen eines Zusammenbruchs stirbt.
"Es gleitet ein Traum durch die Zeit / Ein Traum, der die Menschheit bewegt / es ist der Traum von Liebe / den sie träumt und immer weiter trägt", singt Elisabeth am Ende des Musicals, für das die Geschichte dieser Frau mit ihrem Tod noch lange nicht zu Ende ist. Denn ganz in diesem Sinne des Schlussliedes treten Walther von der Vogelweide und Wolfram von Eschenbach noch einmal gemeinsam auf und kommen dabei zu einer einhelligen Meinung: Sie lassen ein neues Rosenwunder geschehen.
Informationen
Mehr Informationen im Internet unter www.spotlightmusical.de. Tickets: (01 80) - 5 05 55 07
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Mittwoch, 18.07.2007