Der Dialog ist nötiger denn je
Veranstaltung über das Verhältnis von Christen und Muslimen in Afrika und in Deutschland
Auf den steten Einsatz der katholischen Kirche für einen Dialog mit den anderen Weltreligionen und dabei nicht zuletzt mit dem Islam hat Dr. Anja Middelbeck-Varwick vom Seminar für Katholische Theologie an der Freien Universität Berlin hingewiesen. Bei einer Veranstaltung zum Thema "Christlich-muslimischer Dialog -Miteinander Zusammenleben gestalten" erinnerte die Theologin und Islam-Expertin in Halle daran, dass es der Kirche seit dem Zweiten Vatikanum wichtig ist, den Dialog mit den anderen Religionen zu führen und Gemeinsamkeiten zu betonen (Dogmatische Konstitution über die Kirche "Lumen gentium" 1964; Erklärung über das Verhältnis der Kirche zu den nichtchristlichen Religionen "Nostra aetate" 1965).
Auch in den 90er Jahren habe Papst Johannes-Paul II. etwa im Apostolischen Schreiben "Ecclesia in Afrika" (1997) betont, Christen und Muslime dürften sich "als Schwestern und Brüder im Glauben an den einen Gott verstehen", und zum Wetteifern im Guten ermutigt. In der Dokumentation "Christen und Muslime. Partner im Dialog" von 2004 hätten die deutschen Bischöfe den kontinuierlichen Austausch zwischen den Gläubigen beider Religionen als "unabdingbaren Weg zum Frieden" bezeichnet.
Anja Middelbeck-Varwick referierte gemeinsam mit dem Orientalisten Nizar Romdhane M.A. Zu der Veranstaltung hatten der Caritasverband für die Stadt und das Dekanat Halle und die Katholische Erwachsenenbildung eingeladen. Anlass war die bereits 19. Afrikanische Woche in Halle vom 25. Juni bis 1. Juli.
Die Referentin erinnerte an die in der Gesellschaft um sich greifende Angst vor dem Islam ("Islamo- Phobie"). Habe es über Jahre hin eine grundsätzliche Offenheit für eine "Multi-Kulti-Gesellschaft" gegeben, so stelle der 11. September 2001 einen Wendepunkt dar. Der Islam werde "in bestimmter Einseitigkeit als fundamentalistische Ideologie" wahrgenommen und "öffentlich zum Feind Nummer Eins stilisiert", was Millionen Muslimen nicht gerecht werde. Andererseits sei die Angst vor islamischen Fundamentlisten natürlich "nicht unbegründet". Der Dialog ist deshalb "gesellschaftsrelevanter denn je", zumal in Deutschland ungefähr 3,3 Millionen Muslime leben. Sie stammen aus Bosnien- Herzegowina, aus Marokko, aus Tunesien, Algerien, Ägypten.
Bei dem Forum sollte es um zwei Perspektiven gehen: Das Zusammenleben von Christen und Muslimen in Afrika und die Situation der Muslime in der Bundesrepublik. Nach Angaben von Nizar Romdhane leben in Afrika 200 Millionen Muslime in 48 Staaten und sehr unterschiedlichen religiösen und politischen Konstellationen. Die Ausbreitung des Islam in Afrika sei in der Geschichte vor allem durch militärische Unterwerfung, aber in Regionen etwa der Subsahara auch gewaltlos geschehen. Am Beispiel Ägyptens und des Sudan versuchte Romdhane die heutige Lage der Muslime und deren Verhältnis zu den Christen zu schildern. Die "sehr komplexe Situation" des Verhältnisses von Christen und Muslimen in Nigeria, wo Christen und Muslime jeweils die Hälfte der Bevölkerung stellen, erläuterte Frau Middelbeck- Varwick. Fast jährlich komme es hier zu "religiös bedingten Aufständen, denen Christen zum Opfer fallen." Fundamentalistische Gruppen gebe es aber auch auf christlicher Seite.
Im Blick auf die Situation in Halle wurde von Veranstaltungsteilnehmern kritisch darauf hingewiesen, dass der christlich-muslimische Dialog in den christlichen Gemeinden kaum im Bewusstsein sei. Hier möchte auch die Caritas mit einer für Herbst in Halle geplanten Ausstellung ansetzen. Bemühungen um einen Trialog von Juden, Christen und Muslime beginnen Engagierte derzeit im Rahmen der "Initiative Zivilcourage Halle".
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Mittwoch, 18.07.2007