In nur 48 Stunden
Im Magdeburger Hundertwasserhaus informiert eine Ausstellung jetzt über Symbole und Kennzeichen des
"Wir müssen etwas tun!" Da waren sich die acht Frauen und Männer, die als katholische oder evangelische Christen in verschiedenen Vereinen oder kirchlichen Institutionen tätig sind, schnell einig. Hintergrund war, dass die am 27. Juli (Freitag) ausgesprochene fristlose Kündigung für das Bekleidungsgeschäft "Narvik" im Magdeburger Hundertwasserhaus ohne Wirkung blieb. Der Laden hat weiter geöffnet und verkauft die in der rechten Szene beliebten Textilien der Marke "Thor Steinar". Was tun, fragten sich Bernadette Albrecht und ihre Mitstreiter. "Wir hatten zunächst keinen Plan."
Am Abend des 30. Juli (Montag) setzte sich der kleine Kreis zusammen und überlegte. Dabei wurde klar, dass ein wichtiger Hintergrund für das Zustandekommen des Mietvertrages Unkenntnis über Zeichen, Symbole und Hintergründe moderner Neonazis war. Daraus entstand die Idee für eine Ausstellung, die entsprechendes Wissen vermittelt. "Wir wollten die Ausstellungseröffnung mit der für den Vormittag des 1. August (Mittwoch) geplanten Mahnwache vor dem Geschäft verbinden", erzählt Bernadette Albrecht. Zur Vorbereitung blieben nicht einmal 48 Stunden.
Ein bisschen überrascht waren die acht Initiatoren dann davon, dass sie mit ihrer Idee offene Türen einrannten. Das Innenministerium erteilte sofort die Genehmigung, Texte und Abbildungen seiner Broschüre "Symbole und Kennzeichen des Rechtsextremismus" auf Ausstellungsgröße zu kopieren. Die Gero AG stellte einen Raum im Hundertwasserhaus zur Verfügung. Entsprechende Informationen wurden verfasst und weitere Mitstreiter gesucht. Am Mittwoch konnte dann tatsächlich die Ausstellung eröffnet werden.
Unter dem Titel "hingucken ... denken ... einmischen ..." informiert sie über Symbole und Kennzeichen des Rechtsextremismus und gibt Raum für weitere Veranstaltungen und Initiativen gegen Rechts. Besondere Aufmerksamkeit legt sie auf die speziellen Kommunikationsformen wie Zeichen, Zahlencodes und Kleidung, wozu auch die Marke "Thor Steinar" zählt. In einer Pressemitteilung heißt es: Die Ausstellung "mahnt damit erneut eine Kultur der Aufmerksamkeit (gegenüber dem Rechtsextremismus) an, wie sie bereits die Bischöfe in ihrem gemeinsamen Wort der Kirchen gegen Rechtsextremismus im Juni dieses Jahres forderten."
Wie groß das Interesse ist, zeigen die Besucherzahlen: Allein an den ersten beiden Tagen kamen etwa 230 Leute. Auch bei den Führungen für Touristen im Hundertwasserhaus wird auf die Ausstellung hingewiesen.
Das Bistum Magdeburg hat inzwischen die Federführung übernommen. Die Begleitung der Ausstellung liegt weiter bei dem ökumenischer Kreis der Initiatoren. Bernadette Albrecht: "Weitere Mitstreiter sind willkommen." Gesucht wird insbesondere weiteres Ausstellungsmaterial, aber auch Leute, die während der Öffnungszeiten täglich von 10 bis 16 Uhr als Ansprechpartner zur Verfügung stehen. Eine von ihnen ist Elisabeth Zacharias. Die ältere Frau gehört zum Verband VdN / BdA (Verfolgte des Naziregimes und Bund der Antifaschisten). Ihr Vater ist seinerzeit in der Magdeburger Gestapo-Zentrale zu Tode geprügelt worden. Sie selbst ist keine Christin, aber: "Die große Gefahr, die vom Rechtsextremismus ausgeht, muss alle vereinen", ist sie überzeugt. "Da sollten kleinliche Zwistigkeiten keine Rolle spielen." Und während Elisabeth Zacharias sich selbst die Ausstellung ansieht, bemerkt sie, dass sie viele der Symbole heutiger Neonazis bisher auch gar nicht gekannt hat.
Hinweis
Wer die Ausstellung unterstützen kann, meldet sich am besten in der Ausstellung (direkt neben der Information im Hundertwasserhaus) oder telefonisch bei Marita Baier unter 0391 - 5 96 11 30.
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Mittwoch, 08.08.2007