"Wir lachen dem Leben entgegen"
Das Bistum Görlitz nimmt Abschied von Altbischof Bernhard Huhn
Bischof Konrad Zdarsa verabschiedet sich von seinem Vorvorgänger Bernhard Huhn.
"Ex una his tibi" (Eine von diesen gehört dir), lautet ein alter lateinischer Spruch. Gemeint sind die Stunden eines Menschen, die auf der Erde gezählt sind. Bischof Bernhard Huhn hat seine Blicke oft auf diesen Schriftzug gerichtet, denn er schmückt eine Sonnenuhr am Haus des residierenden Bischofs von Görlitz. In den Morgenstunden des 14. September war seine Stunde gekommen -nach kurzer Krankheit starb der frühere Apostolische Administrator des heutigen Bistums Görlitz in der Neißestadt.
Die Kathedrale St. Jakobus ist am 18. September bis auf den letzten Platz gefüllt. Bischöfe, Mitbrüder, Angehörige, viele Gläubige aus allen Gemeinden des Bistums sind gekommen, um von Bernhard Huhn Abschied zu nehmen. Tränen fließen, natürlich -aber die meisten erinnern sich an einen klugen, fröhlichen Hirten, für den im Leben vor allem eins wichtig war: Die Freude am Glauben. "Gaudete in domino" lautete seine Wahlspruch: "Freut Euch im Herrn."
Bischof Bernhard Huhn gehörte zu jener Generationen von katholischen Christen, die durch zwei Diktaturen geprägt waren. Zunächst durch Krieg und Vertreibung, dann durch die Repressionen im SED-Staat. Dennoch, so wird Huhn am Ende sagen: "Es war ein schönes Leben, auch wenn es Kreuze am Wege gab." Seine Aufgabe sah er vor allem darin, die Gläubigen zu stärken, ihnen Mut und Vertrauen zu geben. Besonders die Familien und der geistliche Nachwuchs haben dem Bischof am Herzen gelegen, betonte sein Nachfolger im Amt und langjährige Wegbegleiter, Altbischof Rudolf Müller. Geprägt durch die tiefgreifenden, leidvollen Erfahrungen, die Bernhard Huhn während des Krieges machen musste, habe er sein Amt mit der größten Verantwortung angefasst -immer aber in der adventlichen Freude über das Geschenk des Glaubens, das durch seinen Wahlspruch besonders zum Ausdruck kam.
Als einen Vermittler in der Ökumene und in der schwierigen Situation der Kirche in der DDR hat der Berliner Erzbischof, Kardinal Georg Sterzinsky Bernhard Huhn gewürdigt. Als junger Bischof habe er die Pastoralsynode in der DDR Anfang der 1970-er Jahre wesentlich mitgestaltet und besonders seine Erfahrungen in der Jugendseelsorge eingebracht. Als Vorsitzender der Ökumenekommission der Berliner Bischofskonferenz habe Huhn "immer nach neuen Wegen" gesucht, ohne seine "eigenen Wurzeln" zu verlieren.
Am Ende wendet sich der Blick "rückwärts": Der Krieg hat das Leben der Familie Huhn hart getroffen, wie viele tausende auch. Der Bischof hat die Trennung von seiner Heimat immer als schmerzlich empfunden. Die Versöhnung mit den polnischen Nachbarn gehörte dennoch zu seinen Lebens-inhalten -etwas, was vor allem von seinem Leben und Wirken bleiben wird. Mit Freude und Erleichterung dachte er oft an die Geste der polnischen Bischöfe, die "über die Konzilsbänke hinweg" den Deutschen Versöhnung angeboten haben: "Wir gewähren Vergebung und bitten um Vergebung." Seit seinem Amtsantritt 1972 als Apostolischer Administrator nahm er an den Fronleichnamsfeiern im polnischen Zgorzelec teil, war nach der Wende Mitinitiator der grenzüberschreitenden Fronleichnamsfeste. Bischof Huhn traf sich mit polnischen Mitbrüdern, pflegte den Kontakt zu den Nachbarn, verfolgte die Entwicklung in Polen. Für diesen Versöhnungsdienst erhielt er 1996 die Ehrenbürgerwürde der Stadt Görlitz.
Es schien wie ein letzter, kleiner Streich des lebensfrohen Oberhirten, als es nach dem Gottesdienst zu regnen anfing, während sich viele Menschen vor dem Sarg an der Domherrengruft versammelten. "Wir lachen dem Leben entgegen, Leben in Gott", hatte der Domchor zuvor gesungen, ein Lied, das Bernhard Huhn als Kaplan geschrieben hat. Die Freude am Glauben war zentrale Botschaft seines Lebens. Aus dieser Unerschütterlichkeit konnte er predigen: "Ängstigt euch nicht, ihr seid nicht allein."
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Mittwoch, 19.09.2007