Kernpunkt christlichen Glaubens
150 Jahre Marcel-Callo-Haus -Vom Bischöflichen Konvikt zum modernen Bildungshaus
Staatssekretär a.D. Heinz F. Benner erinnert sich noch gut an die Zeit des Neubeginns im Marcel-Callo-Haus (MCH) in den 1990er Jahren. Damals war er gerade von Mainz gekommen, um beim Aufbau des Thüringer Sozialministeriums zu helfen, dessen erster Staatssekretär er wurde. Kaum in Thüringen erhielt er einen Anruf von Ordinariatsassessor Gerhard Jünemann aus Heiligenstadt, dem heutigen Geschäftsführer des Marcel-Callo-Hauses. Beide trafen sich kurz danach und das Projekt "Umgestaltung des ehemaligen Konviktes", in dem sich seit 1965 auch eines der beiden Jugendhäuser des Bistums befand, wurde in die Wege geleitet.
Gerhard Jünemann ist froh, dass man sich damals für eine breite Nutzung entschied. So ist es in Heiligenstadt unter dem Dach des Bistums Erfurt möglich, dass alle Generationen das MCH nutzen und sich untereinander begegnen. Zudem befinden sich die Außenstellen des Seelsorgeamtes im Haus und nutzen die Einrichtung für eigene Angebote. Referent Peter Nagler verweist darauf, dass alle Zweige der Seelsorge -Kinder, Jugend und Erwachsene -im Gebäude vertreten sind. "Wir sind ein Haus der kurzen Weg,e was viele Vorteile hat. So können wir vieles gemeinsam planen", berichtet Peter Nagler. Ein Beispiel dafür ist der jährliche Osterkurs, der einst für die Jugend angeboten wurde und schließlich nicht mehr die nötige Teilnehmerzahl aufwies. Als offenes Angebot für alle Altersstufen ist er heute hingegen sehr beliebt. Größtenteils werden die Angebote im MCH selbst erarbeitet und von den Referenten geleitet. Bereichernd kommen die Abendveranstaltungen des Eichsfeldforums hinzu, das von Diakon Johann Freitag, dem Rektor des Hauses geleitet wird. Im Forum werden aktuelle Fragen behandelt, so beispielsweise am 8. November zum Thema Neonazis und NPD unter dem Motto "Doch fruchtbar noch der Schoß, aus dem das kroch?"
Geschäftsführer Gerhard Jünemann ist es zudem wichtig, dass MCH -das er gerne als Kernpunkt christlichen Glaubens im Eichsfeld bezeichnet -offen zu halten. So machen Nichtchristen die Erfahrung eines von den Werten des Christentums geprägten Ortes. "Hier erleben sich die Menschen ganz anders", betont Gerhard Jünemann. Neben Wirtschaftsleuten, Mitarbeitern in der Verwaltung oder Wissenschaftlern kommen auch Schulklassen ins Haus, die an den von Jugendpfarrer Marcellus Klaus angebotenen Tagen zur Lebensorientierung teilnehmen.
Gegründet wurde die Einrichtung 1857 als Bischöfliches Konvikt. Die Einweihung nahm Bischof Konrad Martin aus Paderborn vor. Bis 1977 -mit Unterbrechungen während des Kulturkampfs (Bismarck- Ära) und in der Nazizeit -haben hier Generationen von jungen Männern ihr Abitur abgelegt. Einer von ihnen ist Werner Hetze aus Weißenborn, der zum Abiturjahrgang 1952 gehört. Er erinnert sich, dass das Leben im Konvikt von großer Disziplin getragen war. Eine Disziplin, die er aber als akzeptabel empfand.
Der Tag im Konvikt begann um 6.30 Uhr mit der heiligen Messe, nach dem Frühstück schloss sich ab 8 Uhr der Unterricht an, der bis zum Mittag dauerte. Von 14 bis 16 Uhr war dann Zeit zum Studium, das von einem älteren Schulkameraden beaufsichtigt wurde. Nach dem Kaffee gab es die Gelegenheit zum Ausgang, zum Lesen oder zum Sporttreiben. Offiziell endete der Tag dann mit einer Abendandacht und um 21.30 Uhr musste im Haus Ruhe herrschen. Prägend für das Konvikt waren die Menschen, die hier arbeiteten. Gute Erinnerungen hat Werner Hetze an den einstigen Präses Ignaz Degenhardt. "Das war ein idealer Mann für diese Aufgabe, der viel Verständnis für uns hatte."
Internet: www.mch-heiligenstadt.de
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Donnerstag, 11.10.2007