Erste Hilfe für die Seele
Ehrenamtliche Notfallbegleiter gibt es jetzt auch in der Region Köthen
Für Silvana Marek kam der erste Einsatz schneller als erwartet. Die Notfallbegleiterin hatte ihre Ausbildung noch nicht abgeschlossen, als das Telefon bei ihr klingelte und sie zu einem Trauerfall gerufen wurde. "Es war ein älteres Ehepaar, bei dem der Mann gestorben war", erzählt die 42-Jährige ganz ruhig über ihren ersten Dienst als Notfallbegleiterin. "Ich habe aus dem Bauch heraus gearbeitet und hatte viele Antworten für die ältere Frau. Ich war etwa eine Stunde bei ihr und alles lief gut", freut sich die Altenpflegerin des Malteser Hilfsdienstes in Köthen über ihren gelungenen Start. "Das gibt Sicherheit."
Erfolgreiche Einsätze sind wichtig für das 28-köpfige Team von Notfallbegleitern, nicht nur um selbst bei der Arbeit sicherer zu werden. Es gehe auch darum, von der Öffentlichkeit wahrgenommen zu werden, sagt Stefan Hess vom Leitungsteam der Trägergemeinschaft. Vor allem aber in das Bewusstsein der Einsatz- und Rettungskräfte müsse das neue Angebot gelangen, denn von ihrer Sensibilität hänge letztlich die Anzahl der Einsätze ab.
Deshalb sind die Vertreter des Leitungsteams auch unterwegs, um das neue Potenzial der Notfallbegleiter zum Beispiel in Krankenhäusern oder Sozialstationen vorzustellen. "Was wir machen, hat hier bislang teilweise der Polizeiseelsorger mitgemacht oder aber niemand", spricht Sabine Braune über die Notwendigkeit einer "ersten Hilfe für die Seele" im Unglücks- beziehungsweise Todesfall. "Für Angehörige oder Betroffene ist die erste Stunde danach angefüllt mit Leere, in der verschobene Vorstellungen wieder in geordnete Bahnen gelenkt werden müssen", so die DRK-Vertreterin im Leitungsteam. "Wir haben die Erfahrung gemacht, dass das zu kurz kommt."
Die Idee für eine Notfallbegleitung im ehemaligen Landkreis Köthen sei vor etwa vier Jahren entstanden, so Stefan Hess. "Das waren die Nachwirkungen der Flut 2002, die wir hier zum Beispiel in Aken hatten", blickt der Leiter des Malteser Hilfsdienstes Köthen auf die Anfänge zurück. Damals hätten die Evakuierten viel mehr seelische Unterstützung gebraucht, wie auch nach dem Tornado 2004 in Micheln und Trebbichau. Doch die in jenen Jahren von einer Interessenrunde beschlossene Notfallbegleitung unter Leitung der Diakonie sei nie zum Arbeiten gekommen, bedauert Hess. Jetzt haben sich drei Träger gefunden, unter deren Leitung ein neuer Anfang gemacht wurde. Dazu wurden für den Bereich Köthen 28 Menschen zu Notfallbegleitern ausgebildet, Frauen und Männer, von Studenten bis zu Rentnern, Christen wie auch Nichtchristen. Sie übernehmen nun Bereitschaftsdienste, um ehrenamtlich Menschen in Notfällen beistehen zu können.
"Ich wollte schon längere Zeit etwas ehrenamtlich tun", sagt Silvana Marek über ihre Motivation. Erst habe sie an Hospizdienst gedacht, dann aber von diesem neuen Angebot gehört. Ihr komme zugute, dass sie als Altenpflegerin schon Erfahrungen im Betreuungsdienst mit älteren Menschen gemacht hat, was ihr auch beim ersten Einsatz geholfen habe.
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Donnerstag, 18.10.2007