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Anstoß

Eine Hand für das Schiff, eine Hand für dich

Die goldene Regel der Seeleute

Angela Degenhardt, Gemeindereferentin Halle

Auch wer seinen Urlaub nicht auf einem Segelschiff verbringt, hat sicher schon einmal davon gehört: Eine Hand für den Mann und eine Hand für das Schiff. Diese Regel gilt nicht nur auf den alten Traditionsschiffen mit ihren imposanten Masten und Segeln, sondern ebenso auf den kleinen Yachten und Jollen der Hobbysegler.

Dahinter steckt die Sorge um die Mannschaft. Bei allem Einsatz an den Segeln und für das gemeinsame Vorankommen, wo oft voller Einsatz gefragt ist, muss zugleich jede und jeder auf sich achten und für die eigene Sicherheit sorgen. Denn, auch wenn es abenteuerlich klingt, ist es auf hoher See alles andere als ungefährlich für einen, der über Bord gegangen ist.

Als ich in diesem Sommer einige Tage auf einem Dreimastschoner im Kattegat mitsegeln konnte, hat natürlich der Kapitän schon einiges vorab für unsere Sicherheit getan, nicht zuletzt indem wir den ein oder anderen Tag im Hafen bleiben mussten, um uns angesichts der Wind- und Seeverhältnisse nicht leichtfertig zu gefährden. Wenn man denn aber segeln will, braucht es die grundsätzliche Bereitschaft sich einzusetzen, wenn irgendwo eine Hand gebraucht wird, erst recht wenn es heißt, "alle Mann an Deck".

Mich hat neben der Begeisterung für das Segeln an sich, eine Parallele zum Alltag fasziniert: Es gibt viele Situationen, die unseren ganzen Einsatz -also jede Hand -fordern. Dennoch bleibt es notwendig, "eine Hand für sich" frei zu behalten. Wie auf einem Segelschiff ist das auch im Alltag nicht immer hundertprozentig möglich. Aber es ganz zu vergessen, ist -nicht nur auf dem Schiff -unter Umständen lebensgefährlich.

Leben, Lebendigkeit -ist gefährdet, wenn blinder Betrieb den Alltag beherrscht, wenn keine Zeit bleibt innezuhalten, wenn dauernd über die eigenen Verhältnisse und Kräfte gelebt wird. Man stirbt zugegeben nicht gleich daran, aber die Lebensfreude kann dabei auf lange Sicht über Bord gehen und mit ihr die Fähigkeit, sich zu freuen, zu staunen, dankbar zu sein.

"Eine Hand für mich" brauche ich, um immer wieder zu suchen, was mir guttut und weiterhilft, damit ich mit beiden Händen im Leben zupacken kann: Ich brauche sie, um mich zu vergewissern, wo meine Wurzeln und Kraftquellen sind, und um dafür sorgen, dass sie für mich zugänglich bleiben, nicht versanden. Das gilt auch und erst recht, wenn ich mit ganzem Einsatz mein Christsein leben und am Reich Gottes mitbauen will. Dann brauche ich lebensnotwendig die Freundschaft zu Christus und die freie Hand, diese Beziehung zu pflegen, im Stillwerden, im Hören auf sein Wort, in der Feier der Begegnung mit ihm in der Liturgie. Wenn ich diese "Hand für mich" auf Dauer nicht frei habe, gefährde ich das von Gott verheißene Leben in Fülle.

Voller Einsatz für etwas -die "Hand für das Schiff" -braucht Freude an der Sache. Auch um mir diese Freude zu bewahren, brauche ich notwendig eine "Hand für mich".

Angela Degenhardt, Gemeindereferentin Halle

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 42 des 57. Jahrgangs (im Jahr 2007).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Donnerstag, 18.10.2007

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