Briefwechsel
Ökumenische Ermutigung
Lieber Kollege Krille!
"Evangelisch Kirche sein" -so hieß das Schwerpunktthema der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), die Anfang November in Dresden tagte. Mein erster Eindruck: Hier ist ökumenisch nicht viel zu erwarten. Am ehesten kann es unter einer solchen Überschrift um einen weiteren Schritt in einer "Ökumene der Profile" gehen, mit der ja immer die Gefahr der Profilierung der einen Kirche auf Kosten der jeweils anderen Kirche gegeben ist. Verstärkt wurden meine Befürchtungen durch den Zusammenhang des Themas "evangelisch Kirche sein" mit dem Reformprozess innerhalb der evangelischen Kirche in Deutschland, für den ja ein Papier mit dem Titel "Kirche der Freiheit" steht. Will hier eine Kirche zeigen, dass sie die bessere ist? Und: Wenn eine Kirche die Kirche der Freiheit ist, was ist dann die andere?
Nun: Wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen. Wer zu der Kirche gehört, die in jüngsten vatikanischen Äußerungen anderen das "Kirche-Sein im eigentlichen Sinne" nicht zugesteht, sollte vorsichtig sein. Umso überraschter war ich, was sich in Sachen Ökumene auf der Synode tat.
Zwar wurde die Kritik an besagtem Vatikanpapier deutlich formuliert. Daneben aber fand ich eine Reihe positiver Äußerungen, vor allem im Bericht des EKD-Ratsvorsitzenden, Bischof Wolfgang Huber. Für besonders interessant halte ich den Vorschlag von Bischof Huber an die katholischen Theologen, im Vorfeld des Reformationsjubiläums 2017 gemeinsam mit ihren evangelischen Kollegen zu erkunden, ob sie nicht "vom reformatorischen Aufbruch und der römischkatholischen Reaktion auf ihn ein gemeinsames Bild entwerfen können". Die evangelische Kirche beginnt jetzt mit der intensiven Vorbereitung dieses Jubiläums. Ich fände es gut, wenn gerade in unserer Region, dem Kernland der Reformation, nicht nur die katholischen Theologen, sondern auch die Gemeinden und jeder einzelne Katholik das Jubiläum zum Anlass nehmen für weitere ökumenische Schritte.
Aus den Worten von Bischof Huber hörte ich dafür auch einige Ansatzpunkt: Er nannte "die gemeinsame Verantwortung im Zeugnis und im Dienst" der Kirchen in der Gesellschaft. "Die Stimme der Christen wird deutlicher gehört, wenn wir mit einer Stimme sprechen." Außerdem gibt es Entwicklungen, die den christlichen Glauben unabhängig seiner konkreten konfessionellen Ausprägung anfragen. Wenn es etwa um das Verhältnis von Evolution und Schöpfung geht, sind wir gemeinsam herausgefordert. Gleiches gilt aber auch für den Umgang mit dem Islam, für das Problem des Klimawandels oder die Fragen nach Frieden und Gerechtigkeit.
Lieber Kollege Krille, ich empfand die Synode Ihrer Kirche in Dresden ökumenisch ermutigend. Auf diesem Hintergrund sehe ich auch für unsere Kirchenzeitungen manche Möglichkeiten weiterer Zusammenarbeit. Und darauf freue ich mich.
Es grüßt Sie
Matthias Holluba
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Mittwoch, 14.11.2007