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Bistum Erfurt

Begegnung bewahrt vor Einsamkeit

Gehörlosenverein Eichsfeldia feierte sein 85-jähriges Stiftungsfest

Weihbischof Koch mit Firmlingen und Paten Erfurt (as) - "Alles wirkliche Leben ist Begegnung. Wo immer es gelingt, Orte der Begegnung zu schaffen, um so mehr werden gehörlose Menschen vor der Vereinsamung bewahrt", sagt der Erste Vorsitzende des katholischen Gehörlosenvereins "Eichsfeldia", Alfons Rogge. Mit einem Festgottesdienst und einer Feierstunde beging der Verein am 26. August sein 85-jähriges Stiftungsfest. Vier gehörlosen Jugendlichen aus dem Eichsfeld spendete Weihbischof Hans-Reinhard Koch das Sakrament der Firmung. Zu den Ehrengästen gehörten der Generalpräses des Verbandes der katholischen Gehörlosenvereine Deutschlands, Norbert Schulze-Raestrup, Diözesancaritasdirektor Bruno Heller und der Europaabgeordnete Rolf Berend.
Wie viele Gemeinschaften fing auch der Gehörlosenverein Eichsfeldia klein an. Als der Heiligenstädter Nikolaus Schenk am 20. Juli 1916 den Vorsitz übernahm, waren es gerade 15 Mitglieder. Gemeinsame Gottesdienste, Vorträge, Ausflüge und Seminare bestimmten das Leben im Verein. Heute hat er rund 100 Mitglieder. Nicht alle sind gehörlos, denn man will das Miteinander von Hörenden und Gehörlosen fördern. Eichsfeldia betreut nach eigenen Angaben "die Gehörlosen, Schwerhörigen, Spätertaubten und Taubblinden" aus den Landkreis Eichsfeld, dem Unstrut-Hainich-Kreis, Northeim, Eschwege und dem Altkreis Duderstadt. Anders als in früheren Zeiten kann der Verein heute seine Anliegen öffentlich vertreten. 1942 wurde er unter den Nationalsozialisten verboten. Das Verbot bestand während der DDR-Zeit fort. Erst 1991 wurde erfolgte die Wiedergründung. So ist es heute ein großes Anliegen des Vereins, die Öffentlichkeit über das Leben von Gehörlosen aufzuklären. "Welcher Hörende weiß schon, dass man sich auch mit Gehörlosen normal unterhalten kann", erläutert Alfons Rogge. Eine stärkere Anerkennung der Gebärdensprache im Land Thüringen fordert Eichsfeldia schon seit langem. Dabei gehe es nicht nur um Ansprechpartner in Ämtern und Behörden, sondern um die Würdigung der deutschen Gebärdensprache als selbstständige Sprache mit eigener Grammatik, sagt Gehörlosenseelsorger Leo Fischer.
Alfons Rogge liegt besonders die Seelsorge für seine Vereinsmitglieder am Herzen. "Gehörlose brauchen Seelsorger, die ihnen das Evangelium verkünden. Deshalb müsse die Gebärdensprache auch eine stärkere Beachtung in der Kirche finden.

Der Vater des heutigen Eichsfeldia-Vorsitzenden, Anton Rogge, gehört dem Verein schon seit 1926 an. Über sein Vereinsleben berichtet er: "Nur in einem Gottesdienst mit Gebärden konnten wir was vom Evangelium, der Lesung und der Predigt verstehen. Die Gehörlosengottesdienste waren für mich immer besonders wichtig, denn hier bekam ich immer viel Kraft und Mut für das Leben." Froh sei er darüber, dass der Verein nach der Wende wieder öffentlich arbeiten konnte, "so wie wir das von früher her kannten." Gelitten hätten die Gehörlosen besonders in der NS-Zeit. Der Verein aber habe die Gemeinschaft auch durch schwere Zeiten getragen.

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 35 des 51. Jahrgangs (im Jahr 2001).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Freitag, 31.08.2001

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