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Bistum Magdeburg

Nicht vorzeitig Enttäuschung verbreiten

Diskussion nach Vorstellung einer Untersuchung zum Religions- und Ethikunterrich in Magdeburg

Magdeburg (tdh) - Als "außerordentlich treffende Situationsanalyse" hat der Leiter der Hauptabteilung Schule / Hochschule / Erziehung im Bischöflichen Ordinariat Magdeburg, Dietmar Gotzhein, die von einer Arbeitsgruppe im Auftrag des Landes Sachsen-Anhalt erarbeitete Expertise "Ethik und Religionsunterricht in der Schule mit Zukunft" bezeichnet, die am 22. August in Magdeburg vorgestellt wurde. In der Untersuchung wird festgestellt, dass Sachsen-Anhalt von einer vom Gesetz geforderten "vollständigen Versorgung der öffentlichen Schulen mit Ethik und Religionsunterricht weit entfernt ist", andererseits aber "die positive Bedeutung ethischer und religiöser Bildung" zunehmend erkannt wird.

Gotzhein lobte die Erarbeitung konkreter Vorschläge, wies aber zugleich auf Mängel hin. So sei der Vorschlag eines Kurssys-tems mit Phasen, in denen die Schüler je nach Thema zwischen der Teilnahme am katholischen und evangelischem Religionsunterricht oder am Fach Ethik wählen könnten, derzeit nicht zu verwirklichen, "ohne die gerade in diesen Fächern wichtige personale Bindung zwischen Lehrern und Schülern zu gefährden".

Kritik übte der bischöfliche Beauftragte auch an dem Vorschlag, verstärkt Ein-Fach-Lehrkräfte einzusetzen, um an mehr Schulen Religion und Ethik anbieten zu können. Religions- und Ethiklehrer sollten vielmehr vollbeschäftigt sein und deshalb wenigstens zwei Fächer unterrichten. Grundlage für eine Verbesserung der Lage könne nur Ausbildung und verstärkte Gewinnung von entsprechend qualifizierten Lehrern sein. Die Ausbildung von katholischen Reli-gionslehrern in Sachsen-Anhalt ist bis zur Stunde nicht geregelt.

Durch einen unter der Überschrift "Minister greift Kirchen an" erschienenen Zeitungsartikel, der sich mit der Expertise befasste, war es im Laufe der Woche zu einer Presse-Diskussion zwischen Kultusminister Gerd Harms (Bündnisgrüne) und Gotzhein gekommen.

Unterdessen sprach sich dann am vergangenen Wochenende der Vorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) in Sachsen-Anhalt, Thomas Lippmann, in einem Zeitungsbeitrag für die Einführung eines Unterrichtsfaches "Lebensgestaltung" aus. Das Fach könnte angesichts der akuten Probleme mit dem Ethik- und Religionsunterricht für alle Schüler einheitlich angeboten werden und am Vorbild des in Brandenburg praktizierten Faches "Lebensgestaltung - Ethik - Religion" orientiert sein. Das Modell eines parallelen Unterrichts im Fach Ethik einerseits und des nach Konfession getrennten Religionsunterrichts andererseis sei wegen des geringen Bedarfs an Religionsunterricht gescheitert. Demgegenüber verlangte die FDP-Landesvorsitzende Cornelia Pieper die flächendeckende Einführung des Religionsunterrichtes. Bei der Pädagogenausbildung müsse dafür Sorge getragen werden, dass genügend Religions- und Ethiklehrer zur Verfügung stehen.

Mit einem offenen Brief hat sich nun der Leiter des Katholischen Büros Sachsen-Anhalt, Stefan Rether, an GEW-Landeschef Lippmann gewandt. Rether fordert darin die GEW auf, "nicht vorzeitig Enttäuschung vor Hoffnung zu verbreiten. Gerade unser Land", so Rether, "braucht Sie und viele andere, die tatkräftig und mutig Zukunft gestalten wollen und dazu beitragen, Selbstbewusssein, Zuversicht und Stabilität in unsere Gesellschaft hineinzutragen" . Konfessioneller Religionsunterricht, so Rether weiter, sei "Ansporn zur freiheitlichen und eigenverantwortlichen Entscheidung und Betätigung" und fördere Toleranz. Katholischer Religionsunterricht stehe für "gelebte Weltoffenheit" , in dem europäische und globale Zusammenhänge behandelt werden. Rether erinnert auch daran, "dass das Angebot des konfessionellen Religionsunterrichtes ein nicht zu unterschätzender Faktor der Attraktivität des Standortes Sachsen-Anhalt" ist. Viele Ansiedlungs- und Beschäftigungswillige würden mit ihren Familien "sehr genau prüfen", ob das Schulsystem Sachsen-Anhalts ihren Erwartungen entspricht.

Im Schuljahr 2000/2001 nahmen in Sachsen-Anhalt nach Angaben des Kultusministeriums 34 Prozent aller Schüler am Ethik-, sieben Prozent am evangelischen und ein Prozent am katholischen Religionsunterricht teil. Ethik wurde an 63 Prozent aller Schulformen angeboten, evangelische Religion an 47 und katholische an 18 Prozent.

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 35 des 51. Jahrgangs (im Jahr 2001).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Freitag, 31.08.2001

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