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Bistum Dresden-Meißen

"Ich glaube an einen barmherzigen Gott"

Aus dem Leben des engagierten Katholiken Klaus Milde

Klaus Milde erhielt kürzlich das Bundesverdienstkreuz "wegen seiner Bemühungen für eine bessere Ost-West-Verständigung", so drückte es eine sächsische Tageszeitung aus. "Mit dieser Formulierung kann ich gut leben", sagt er.

Auf ihn bezogene Lobeshymnen sind seine Sache nicht, statt dessen ist er jemand, der lieber einmal zuviel als einmal zuwenig ein Dankeschön ausspricht. Stets scheint er dafür die Tasche voller Schokoladen-Marienkäfern oder ähnlicher kleiner Dinge zu haben, die er fast unbemerkt in den geschüttelten Händen zurückläßt. "Die hab ich in meinem Garten", erklärt er verschmitzt. Einen solchen Gesichtsausdruck kenne ich von ihm, seit ich das Kabarett "Die Dekana(h)tslosen" kenne, die im 28. Jahr spielen und am Jahresende die 600. Vorstellung vielleicht ein wenig feiern werden. Kurz nach der Gründung im Mai 1968 durch Dieter Grande ist Klaus Milde dort eingestiegen und hat ihr Programm und ihr Geschick bis auf zwei Jahre Unterbrechung munter mitgestaltet. Aber für Humor und gekonnte Satire kriegt man noch lange kein Bundesverdienstkreuz.

Helfen und für Verständigung sorgen, das sind zwei Pole im Leben des Wahldresdners, der zwei Tage vor dem Angriff am 13. Februar 1945 mit dem Lazarettzug durch Dresden fuhr und im November 1947 die Nachricht erhielt, daß es seine Eltern aus Schlesien in die zerstörte Stadt verschlagen hatte, ausgewiesen, krank und mittellos. Was half da anderes als die Flucht aus französischer Kriegsgefangenschaft? Im Februar 1948 kam der 21jährige in Dresden an und blieb bis heute. Zunächst war er Kolonnenführer einer Frauenbrigade beim Enttrümmern, dann kaufmännischer Lehrling, ehe er - damals noch völlig legal - eine Ausbildung zum Fürsorger in Westberlin aufnahm. Von da kehrte er zurück ins Bistum Meißen, arbeitete in der Jugendseelsorge, später mit dem Älterwerden in der Erwachsenen- und Altenseelsorge. Mit Leib und Seele hat er für viele und vieles gesorgt.

Daß die Verständigung zwischen Ost und West nicht verloren gehe, ist sein Anliegen seit 1952. Damals baute er Partnerschaften zu den Bistümern Köln, Bamberg und Hildesheim auf, die er von Jugendbegegnungen - heute ist das Internationale Jugendtreffen in Schmiedeberg noch eine Frucht davon - ausdehnte auf Treffen von Erwachsenen. Die Leipziger Messe wurde ein beliebter Treffpunkt. Seit 1970 wurden die zu Verwandten erklärten Teilnehmerfamilien auch in Dresden empfangen, wo sie katholische Christen in ihrer Stadt kennenlernten und mit ihnen gemeinsame Themen beackerten. Klaus Milde wuchs auf diese Weise ein Riesenfreundeskreis in Ost und West und natürlich in Dresden selbst zu. Weggehen war nie ein Thema, dafür Unterwegssein. "Noch immer unterwegs auf dem Weg zur Einheit", nannte er seinen Vortrag, den er im Vorjahr in Hildesheim hielt. Einschlägige Erfahrungen konnte er da aus dem Miteinander bei der Vorbereitung des 92. Deutschen Katholikentages in Dresden einbringen, für dessen Organisation vor Ort er mit Sorge trug, nachdem er aus der Pastoralabteilung des Bischöflichen Ordinariates in die Rente verabschiedet worden war.

Ein guter Organisator war er sein Leben lang, ob es galt, Umzugsgut für Übersiedler in die Bundesrepublik zu versenden oder die Synode des Bistums Meißen (1966 bis 1971) auf die Beine zu stellen. Die Pastoralsynode der Jurisdiktionsbezirke in der DDR (1971 bis 1975) und das Katholikentreffen 1987 wären ohne seine Umsicht bei Planung und Durchführung so nicht zustande gekommen.

Heute fühlt sich der inzwischen 68jährige Vater von vier Kindern, sechzehnfache Großvater, der demnächst ein Urenkelchen erwartet, durchaus nicht im Ruhestand. Neben dem Kabarett und Vorträgen für das Bildungswerk des Bistums, neben seiner Funktion als Geschäftsführer des Diözesanrates engagiert er sich für den Hospizdienst, indem er junge Leute dafür gewinnt und selbst Menschen im Sterben begleitet. "Ich glaube an einen barmherzigen Gott, der Wege hat, die wir nicht wissen", sagt er und findet es tröstlich und ganz normal, daß eine alte Dame als letzten Wunsch äußerte. "Ich möchte noch einmal ein Glas Sekt trinken".

Ursula Wicklein .

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 33 des 46. Jahrgangs (im Jahr 1996).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 18.08.1996

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