Kinder finden Schutz und Hilfe bei der Caritas
Tagesgruppe zur Erziehungshilfe in Wülknitz
Wülknitz - Drei wohnlich eingerichtete Zimmer der Wülknitzer Grundschule im Landkreis Riesa-Großenhain sind seit März dieses Jahres das zweite Zuhause von 10 Kindern aus der Umgebung. Hier verbringen die sechs bis 14jährigen ihre Zeit vom Schulschluß bis zum späten Nachmittag und in den Ferien ganztägig gemeinsam mit drei sozialpädagogischen Fachkräften.
Der Caritasverband für das Bistum Dresden-Meißen ist der Träger dieser neuen Einrichtung, welche als Form der Erziehungshilfe Neuland für den Landkreis war. Im Oktober vergangenen Jahres erhielt der Caritasverband vom Jugendhilfeausschuß des Landkreises den Zuschlag für den Aufbau einer Tagesgruppe. Von da an wurden seitens des Verbandes die Vorbereitungen intensiviert. Die notwendigen Räume stellte die Gemeinde Wülknitz zur Verfügung. Im Bürgermeister des Ortes fanden die Verantwortlichen einen Partner, der sich sehr für soziale Fragen engagiert.
Finanziert wurde die Grundausstattung durch das Landesjugendamt, die Aktion "Glücksspirale" und den Träger selbst. Hinter der Bezeichnung "Tagesgruppe" verbirgt sich ein teilstationäres Angebot der Erziehungshilfe, die Kinder verbleiben in ihrem gewohnten Umfeld, ihre bisherigen Bezugspersonen bleiben für sie präsent. Die Kinder und ihre Familien werden ein Stück auf ihrem Weg begleitet.
Das Aufnahmealter für die Tagesgruppe liegt bei sechs bis 13 Jahren. Es werden Kinder aufgenommen, bei denen eine Gefährdung oder Schädigung der Persönlichkeit vorliegt oder zu befürchten ist. Sie bleiben zumeist zwei Jahre in der Tagesgruppe, allerdings liegen für Wülknitz noch keine Erfahrungswerte vor. Die Arbeit stützt sich auf drei Schwerpunkte. Jedes Kind wird als Einzelpersönlichkeit betrachtet, was bedeutet, daß es in heilpädagogischer und schulischer Einzelförderung so motiviert wird, daß es einen altersgerechten Entwicklungsstand erreicht. Ebenso wichtig ist das soziale Lernen in der Gruppe. Hier werden den Kindern Normen und Regeln des Miteinander vermittelt. Die Kinder lernen, ihre Bedürfnisse mit denen der Gruppe abzustimmen, Rücksicht zu nehmen und die Meinungen anderer zu akzeptieren.
Zum sozialen Lernen gehören auch gemeinsame Unternehmungen in die Umgebung, die den Kindern neue Erfahrungen vermitteln. Ohne den guten Kontakt zum Elternhaus ist Tagesgruppenarbeit nicht realisierbar. Die Eltern werden als Partner gesehen und ihnen wird auch für die alltäglichen Probleme Hilfe angeboten. Ziel ist es dabei, die bestehende Familiensituation zu entlasten und beide Seiten so zu unterstützen, damit sie Probleme gemeinsam und ohne Hilfe von außen lösen können.
Der Tagesablauf in der Einrichtung gestaltet sich wie folgt: Von 8 bis 11 Uhr haben die Mitarbeiterinnen die Möglichkeit, mit Eltern, Schulen und dem Jugendamt Kontakt aufzunehmen. Diese Zeit wird auch genutzt für Team- und Fachgespräche. Ab 11 Uhr werden die Kinder aus den Schulen abgeholt und erhalten in der Tagesgruppe ihr Mittagessen. Anschließend bleibt den Kindern Zeit für individuelle Interessen. Im Laufe des Nachmittags werden schulische Aufgaben gelöst und die heilpädagogische Einzelförderung durchgeführt. Gemeinsame soziale Erfahrungen werden vermittelt und mit Aktionen in der Gruppe untermalt. Eine gemeinsame Brotzeit, von den Kindern selbst zubereitet, rundet den Tag ab. Gegen 17 Uhr beginnt die Heimfahrt. In den Ferien sind die Kinder von 9 bis 16 Uhr in der Gruppe.
Das Motto der Wülknitzer Caritas-Einrichtung lautet: "Der Igel hat Stacheln und wir die Tagesgruppe." Kinder stehen oftmals ohne Schutz Angriffen aus der Umwelt gegenüber. Sie werden alleingelassen mit ihren Sorgen und Problemen und können diese nicht allein bewältigen. Die Mitarbeiterinnen der Tagesgruppe sehen ihre Aufgabe darin, "Anwälte" dieser Kinder zu sein und ihnen das Gefühl von Geborgenheit und Sicherheit zu vermitteln, damit auch sie einen wichtigen Platz in der Gesellschaft einnehmen.
Martina Liesebach.
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 18.08.1996