Neues Pfarrzentrum in Nossen
Kirchbau
Nossen (jak) - "In dem einem Jahr sind mir die Bauleute zur dritten Gemeinde geworden", sagt Bernd Fischer, Pfarrer von Lommatzsch und Nossen, rückblickend auf die Zeit, in der aus einem alten Nossener Wohnhaus ein modernes Pfarrzentrum wurde. Viele hinterfragende und - wie der Pfarrer betont - anständige und faire Gespräche über Gott und die Welt hat er in dieser Zeit mit diesen Menschen führen können.
Jetzt, nach dem Ende aller Bauarbeiten, nahm die Gemeinde ihr neues Zentrum in Besitz. Nach einem Treffen an der alten Kapelle im Schloß zogen die Nossener mit Bischof Joachim Reinelt feierlich in ihren Neubau ein. Damit erhielt die Gemeinde St. Bernhard Nossen erstmals in ihrer Geschichte eigene Räume.
Pfarrer Bernd Fischer erzählt aus der Geschichte. Um das Jahr 1920 kamen katholische Westfalen in die kleine sächsische Stadt. Sie waren beim Eisenbahnbau tätig, damals führte die Hauptstrecke zwischen Dresden und Leipzig noch über Döbeln und Nossen. Die Westfalen sind bis heute im Ort geblieben. Nach dem Zweiten Weltkrieg wuchs die Gemeinde auf 4000 katholische Christen an. Die Heimatvertriebenen kamen aus Ungarn und aus Schlesien. Ein eigener Kirchbau war notwendig geworden, es konnte jedoch kein Grundstück gefunden werden. So kam die Gemeinde nach einiger Zeit im Schloß Nossen unter. Eine alte Amtsstube wurde zur katholischen Kapelle.
Nach der Wende meldete der Freistaat Nutzungsansprüche auf diese Räume an und so mußte sich die katholische Gemeinde - zu der heute rund 700 Christen zählen - nach neuen Räumen umsehen. Die Wahl fiel auf ein altes Wohnhaus zwischen Schloß und evangelischer Stadtkirche. Seit dem 4. September 1995 wurde dort gebaut. Im ersten Obergeschoß wurde auf Idee von Johannes Hübner, Leiter der Bauabteilung des Bistums, der Boden zum Dachgeschoß herausgenommen, so daß ein großer heller Raum für die Kirche entstand. Im Erdgeschoß befinden sich der Gemeinderaum und eine kleine Pfarrwohnung. Die Kellergewölbe sollen der Jugend gehören. Pfarrer Bernd Fischer hebt hervor, daß das ganze Haus für Behinderte zugänglich ist: Sei es durch die stufenlosen Eingänge oder durch den Fahrstuhl.
Eine besondere Kostbarkeit machten die Bauverantwortlichen der Gemeinde zum Geschenk. Sie waren vom Einsatz der katholischen Christen begeistert, die 6000 Stunden in Eigenleistung erbrachten, was umgerechnet etwa 166 000 Mark sind. "Sie wollten etwas für uns tun und so bezahlten sie die St. Bernhard-Figur für die Kirche", berichtet Pfarrer Fischer. Sie ist ein Werk des Leipziger Künstlers Jochen Zieger, der seine Kindheit in Nossen verbracht hatte. Das Patronat Bernhards ist auch eine Erinnerung an die alte Zisterzienserabtei Altzella, in deren Nachfolge sich die Nossener Katholiken verstehen.
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 01.09.1996