Aus der Region
Asyl mit der Kirche
Interview mit Christoph Kilian vom Görlitzer Diözesanrat
Es gibt bereits eine Reihe von kirchlichen Stellungnahmen zum Thema "Kirchenasyl". Warum will der Görlitzer Diözesanrat eine weitere herausbringen?
Ich denke, es ist wichtig, dass man sich regional mit dem Thema auseinandersetzt. Gerade in unserer grenznahen Situation ist die Wahrscheinlichkeit für die Gemeinden hoch, mit Flüchtlingen und ihren Problemen in Berührung zu kommen. Wir haben uns in der Arbeitsgruppe übrigens besonders an den Stellungnahmen orientiert, die in der Erzdiözese Berlin, etwa von Kardinal Sterzinsky, erstellt wurden. Als kleines Bistum stimmen wir uns bei politischen Themen ohnehin meist mit den größeren Nachbarbistümern Berlin und Dresden-Meißen ab, die in vielen Fällen auch die politische Vertretung für uns mit übernehmen.
Gab es bei der letzten Vollversammlung des Diözesanrats dazu eine kontroverse Diskussion?
Ja, das war aber auch nicht anders zu erwarten. Die rechtlichen Grundlagen des Kirchenasyls - mir gefällt besser der Begriff "Asyl mit der Kirche", den Kardinal Sterzinsky verwendet - sind auch unter Juristen umstritten. Beispielsweise die Frage, ob damit ein Straftatbestand erfüllt ist oder nicht. Unbestritten war: Asyl mit der Kirche kann kein Mittel sein, Asylgesetze zu ändern, sondern ist akzeptabel ausschließlich als letzter Weg, dem bestehenden Recht Geltung zu verschaffen. Gemeinden, die diesen Weg gegangen sind, stützen ihre Intervention auf die in Einzelfällen begründete Vermutung, dass die Ablehnung eines Asylbewerbers auf Verfahrensfehler zurückzuführen ist und versuchen deshalb, eine nochmalige Überprüfung zu erwirken.
Was sollten Gemeinden bedenken, wenn sie gebeten werden, Kirchenasyl zu gewähren?
Zuerst einmal ist es wichtig, dass sie gebeten werden, und zwar von den Betroffenen selbst. Es wäre grundfalsch, jemandem Asyl mit der Kirche aufzudrängen. Dann sollten sie gründlich die Hintergründe und Erfolgsaussichten des Falls überprüfen und dabei unbedingt auch juristische und kirchliche Experten zurate ziehen. Der Fall sollte im Pfarrgemeinderat beraten werden. Wenn dann die grundsätzliche Entscheidung für Asyl mit der Kirche fällt, müssen sehr konkrete Festlegungen getroffen werden: Wer leistet die Hilfe, was genau soll getan werden und auf welchen Zeitraum begrenzt? Es ist im Sinne der Hilfe Suchenden wichtig, die Ressourcen - auch die finanziellen - einer Gemeinde dabei gut einzuschätzen.
Wie beurteilen Sie auf diesem Hintergrund den bisher einzigen Fall von Kirchenasyl der Diözese in Senftenberg?
Zum Glück ist dieser Fall vor einem Jahr ja gut ausgegangen, der Betroffene lebt bei seiner Familie in Deutschland. Unglücklich war, dass damals sehr schnelle Entscheidungen erforderlich waren und die eigentlich wünschenswerte Abstimmung des Pfarrers mit dem Pfarrgemeinderat und der Bistumsleitung nicht so gut funktioniert hat.
Wir halten es für sinnvoll, dass Gemeinden und auch die Bistumsleitung sich bereits bevor sie mit einem konkreten Fall konfrontiert werden, grundsätzliche Gedanken über ihre Haltung zum Asyl mit der Kirche machen, deshalb haben wir das Thema ja auch im Diözesanrat angestoßen. Dass dann in jedem Einzelfall entschieden und abgewogen werden muss, ist klar. In das Papier, das nach derzeitigen Planungen im Herbst im Diözesanrat beschlossen wird, muss die Sicht der Bistumsleitung und eine Liste von Ansprechpartnern, an die sich Gemeinden wenden können, noch eingearbeitet werden.
Interview: Dorothee Wanzek
Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 14 des 51. Jahrgangs (im Jahr 2001).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Donnerstag, 05.04.2001
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Donnerstag, 05.04.2001