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Auf zwei Minuten

Gute Zeiten, schlechte Zeiten

von Pater Damian

Pater Damian Meyer Unter den älteren Leserinnen und Lesern des Tag des Herrn gibt es wohl noch einige, die sich an die erste Ausgabe vor 50 Jahren erinnern. Und vielleicht sind sie bis jetzt regelmäßige Leser geblieben. Sie können auf eine lange, bewegte Geschichte zurückblicken:
Auf gute und schlechte Zeiten, auf Zeiten der Unfreiheit und Unterdrückung, auf Zeiten des Aufatmens und der vielen Möglichkeiten, auf Zeiten der Knappheit und der Fülle. Und der Tag des Herrn hat sie durch diese Zeiten begleitet. Er hat versucht, über die Zeitlage zu informieren, in Kommentaren Hintergrundinformationen zu liefern, Zusammenhänge aufzuzeigen und die Ereignisse im Lichte des Evangeliums zu interpretieren. Er hat vielen Mut gemacht, in einer kargen "adventlichen" Zeit zu glauben und zu hoffen wider alle Hoffnung.
Ist aber die Rede von ,,guten und schlechten Zeiten" nicht doch oberflächlich und ungenau? Ist Gott nicht allen Zeiten gleich nahe? War er in den so genannten schlechten Zeiten nicht ebenso gegenwärtig bei denen, die auf ihn vertrauen? Hat er sie etwa im Stich gelassen, sie hoffnungs- und trostlos allein gelassen? Hier wird jeder seine eigenen Erfahrungen mit Gott gemacht haben, "der mein Hirt war mein Lebtag bis heute" (Gen 48, 15).
Sind gute und schlechte Zeiten einfach Schicksal? Kommen sie so einfach über uns ohne unser Zutun wie ein Unwetter? Ein Blick in die Geschichte lehrt uns: Die Zeitläufe werden von Menschen im Guten und im Bösen auf lange Sicht vorbereitet und verursacht. Viele fragen sich resignierend: Was kann ich als Einzelner schon daran ändern? Bin ich denn verantwortlich für die Situation? Wir schieben die Verantwortung gern ab an "die da oben", die an der Macht sind im Staat und auch in der Kirche.

Der niederländische Schriftsteller Phil Bosmans setzt dieser Haltung entgegen: "Gute Zeiten fallen nicht vom Himmel. Gute Zeiten können wir selbst machen, nicht mit Geld und Technik, sondern mit Herz und Güte. Nur gute Menschen machen gute Zeiten - wenn Wohlwollen herrscht, wenn Wohlstand geteilt wird, wenn Menschen sich mögen, wenn Platz da ist für Blumen und Zeit für ein freundliches Wort." Manchem mögen diese Worte zu naiv und kleinkariert klingen: Können denn Güte und Liebe etwas ändern am Zeitenlauf? Ich glaube, dieser kleine Weg zu Veränderungen, diese "Reform von unten" wird letztlich Großes bewirken. Wir können versuchen, um uns herum im kleinen Kreis eine Atmosphäre der Güte und des Wohlwollens zu schaffen. Wenn das viele tun, breitet sich der Kreis aus wie die Ringe auf der Wasseroberfläche, die ein ins Wasser geworfener Stein auslöst.

Nur innere Umkehr kann gute Zeiten he-raufführen. Als der Apostel Petrus im Namen Jesu Christi einen Gelähmten an der Tempelpforte in Jerusalem geheilt hatte, lief viel Volk zusammen und Petrus hielt eine Rede über Jesus Christus als den Messias, sein Leiden und seine Auferstehung: "Also kehrt um, und tut Buße, damit eure Sünden getilgt werden, und der Herr Zeiten des Aufatmens kommen lässt" (Apg 3,19-20).

Pater Damian Meyer

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 35 des 51. Jahrgangs (im Jahr 2001).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Freitag, 31.08.2001

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