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Aus der Region

Eine echte Aufgabe: Kirchenführung als Verkündigung

Interview mit Hans Zinnow

Erfurt / Berlin - Seit Jahren kümmert sich der evangelische Diakon Hans Zinnow von der Arbeitsgemeinschaft Missionarische Dienste Berlin um die Fortbildung der als Kirchenführerinnen und -führer tätigen kirchlichen Mitarbeiter. Der Tag des Herrn sprach mit Diakon Zinnow am Rand des Kirchenführer-Seminars "Kirche und Raum" im Erfurter Priesterseminar.

Frage: Haben die atheistisch geprägten Menschen im Osten Deutschlands überhaupt Interesse an Kirchen?
Zinnow: In unsere Kirchen kommen wesentlich mehr Menschen als alle Pfarrer zusammen in ihren Gottesdiensten haben. Im Unterschied zu den Menschen, die in den alten Bundesländern aufgewachsen sind, fehlen den meisten hier aber oft die einfachsten biblischen und kirchengeschichtlichen Grundkenntnisse. Es bedarf deshalb bei Führungen der behutsamen Information. Gut ist es natürlich, wenn es dem Kirchenführer auf unaufdringliche Weise gelingt, neben kunstgeschichtlichen Zusammenhängen und Informationen über das Christentum auch etwas vom eigenen Glauben rüberzubringen.

Frage: Das ist aber nicht ganz einfach?
Zinnow: Um es zu üben, gibt es Seminare wie dieses hier in Erfurt. Wir haben uns diesmal mit dem Zusammenhang von Kirche, Kirchenraum und dem jeweiligen Ort in einer Stadt, an dem die einzelnen Kirchen einmal gebaut wurden, auseinandergesetzt. Und gelernt, daß man sich dem Raum als Stein gewordenen Ausdruck des Glaubens aussetzen muß und auch die Besucher dazu anregen sollte.

Frage: Sind die Besucher dafür sensibel genug?
Zinnow: Wir sollten die Menschen nicht unterschätzen Unsere Vorfahren haben Kirchen gebaut, die bis heute ihre Wirkung auf die Seele nicht verfehlen. Auch der atheistisch geprägte Mensch atmet in einer gotischen Kathedrale anders als in einem DDR-Plattenbau. Denn Atmen hat auch mit der Seele zu tun. Der Raum zum Beispiel wirkt auf uns, ob wir es wollen oder nicht. Vor allem Kinder haben ein ursprüngliches Gespür dafür: Viele von ihnen haben in Kirchen das Bedürfnis, laut zu rufen, um den Hall und damit den Raum auszuprobieren.

Frage: Wie steht es um den Zugang zu Bildwerken?
Zinnow: Ich selbst habe Nichtchristen vor einer Pieta die Geschiche von Jesus und seiner Mutter erzählt. Und plötzlich erzählte mir eine der Frauen von ihrem Kind, daß durch ein Auto zu Tode kam... Hier gibt es Ansätze für echte Glaubensverkündigung!

Frage: Wie steht es um die kirchliche Akzeptanz des Engagements der Kirchenführer?
Zinnow: Leider wird die Arbeit der Kirchenführer seitens mancher Gemeinden, aber auch Kirchenleitungen noch nicht richtig ernst genommen. Und doch leisten Kirchenführer oft einen echten missionarischen Dienst.

Interview: Eckhard Pohl.

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 38 des 46. Jahrgangs (im Jahr 1996).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 22.09.1996

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