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Bistum Görlitz

Heiße Eisen nicht ausklammern

Zauernick (tdh) - Zu einer kritischen Auseinandersetzung mit der Geschichte Oberschlesiens zwischen den Weltkriegen hatte die Gemeinschaft für deutsch-polnische Verständigung, Jugendverband im Heimatwerk schlesischer Katholiken (GDPV), während ihrer Herbsttagung am 20. Oktober in Jauernick eingeladen.

Anlaß für die Themenwahl war der 75. Jahrestag der vom Völkerbund 1921 durchgeführten Volksabstimmung, bei der die Oberschlesier über die nationale Zugehörigkeit ihres Landes zwischen Deutschland und Polen zu entscheiden hatten.
Herbert Hupka, Vorsitzender der Landsmannschaft Schlesien, forderte in seinem Abschlußreferat ein Ende der Monologe, auf polnischer wie auf deutscher Seite. Man müsse sich gegenseitig zuhören und auch Unbequemes aussprechen dürfen, um zu einem ehrlichen Miteinander zu gelangen.

Bei der GDPV-Tagung war diese Forderung der Ausgangsgedanke für die Programmgestaltung gewesen. Die Beiträge der Referenten hatten schwierige und umstrittene Themen. Professor Josef Joachim Menzel aus Mainz beschrieb zur Einführung die Entwicklung Oberschlesiens in den vergangenen Jahrhunderten bis zum ersten Weltkrieg, ohne die die Ereignisse des 20. Jahrhunderts nicht zu verstehen seien.

Der Freiburger Professor Werner Marschall stellte die Biographie des Breslauer Erzbischofs Adolf Kardinal Bertram vor, der in Polen lange Zeit als Polengeg-ner galt. Die "Belange der Seelsorge an seinen Diözesanen" seien Bertram über alles gegangen, sagte Marschall. Wenn dazu die Verwendung der polnischen Sprache förderlich gewesen sei, habe der Kardinal dies unterstützt. Polnischsprachige Seelsorger, Hirtenbriefe und Rituale seien in Oberschlesien selbstverständlich gewesen. Politische und nationale Agitation habe Bertram dagegen strikt verboten.

Den Ereignissen des Jahres 1921 widmeten sich Professor Wieslaw Lesiuk und Dr. Irena Sroka vom Schlesischen Institut in Oppeln und Professor Joachim Kuropa aus Vechta. Sie stellten dar, wie die damaligen Ereignisse in Deutschland und Polen bis heute das Bild vom jeweiligen Nachbarn prägen. Während die Erinnerung an die Ereignisse von 1921 in Polen in unterschiedlicher Akzentuierung und Wertung stets erhalten geblieben sei, sei sie in Deutschland verblaßt. Auch die wissenschaftliche Beschäftigung mit dem Thema habe hier an Intensität verloren.

Zahlreiche Kontakte zwischen Deutschen und Polen hätten während der GDPV-Tagung gezeigt, daß Verständigung zwischen den beiden Völkern möglich ist, schätzten Teilnehmer im Anschluß an die Veranstaltung ein.

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 44 des 46. Jahrgangs (im Jahr 1996).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 03.11.1996

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