Wasser ist die Quelle des Lebens
Familienwallfahrt nach Neuzelle
Neuzelle - "Komm zur Quelle" - unter diesem Motto waren am vergangenen Sonntag etwa 1500 Katholiken aus dem Bistum Görlitz zur diesjährigen Familienwallfahrt nach Neuzelle unterwegs. Besondere Gäste hatten sich diesmal angesagt: Aus Ghana waren der Vorsitzende der westafrikanischen Bischofskonferenz, Bischof Peter K. Sarpong, und Frater Eric Oduro Wiafe, der Diözesanjugendseelsorger der Diözese Accra, gekommen.
Quelle, Wasser, Leben - diese drei Begriffe zogen sich wie ein roter Faden durch den Wallfahrtstag, angefangen vom Gottesdienst bis zur Wallfahrtsstunde. Zu Beginn der Eucharistiefeier machten Jugendliche mit kleinen gespielten Szenen die Wallfahrtsgemeinde nachdenklich: Der Marktschreier, die Schönheitskönigin, der Reiseanbieter - sie werben für ihre Angebote und stellen dabei Bedingungen. Allein Christus werbe um den Menschen, ohne Vorbedingungen zu stellen: "Wer Durst hat, komme zu mir und trinke. Er wird Leben haben in Fülle."
Mit dem Thema Wasser beschäftigte sich auch Bischof Rudolf Müller in der Predigt. Er war gerade von einer Guatemalareise zurückgekehrt und berichtete den Wallfahrern von seinen Erfahrungen und den Sorgen um sauberes Wasser in Südamerika. "Wasser ist das Symbol für das Leben, das uns Jesus schenkt", sagte der Bischof. Dieses gläubige Vertrauen, "hinter irdischen Zeichen, göttliche Nähe zu sehen", habe ihm eine einfache Frau beigebracht, seine guatemaltekische Gastgeberin. Es war ihre Deutung für ein Glas Wasser in seinem Schlafraum. Aus dieser Symbolkraft, so Müller, die auch uns nicht verloren gehen dürfe, schöpfe der biblische Glaube. Der Bischof gab den Wallfahrern einen Tipp mit auf den Weg: "Bewahren wir uns den Durst nach dem göttlichen Leben." Christen sollten sich bemühen "reine Quelle" zu sein, denn es gebe Menschen, die danach dürsten.
Bei der Gestaltung des Wallfahrtstages setzten vor allem junge Christen Akzente: Kinder überreichten den afrikanischen Gästen Sonnenblumen als Gruß. Sie legten zur Gabenbereitung selbst gebastelte Wassertropfen auf den Altar. Die Spielschar des evangelischen Gymnasiums "Johanneum" Hoyerswerda zog die Wallfahrer bei der Wallfahrtsstunde in den Bann. Spielerisch zeichneten sie den heutigen Mitmenschen in Beruf, Familie und Schule. Jede Szene mündete in einem Gespräch am Brunnen: "Schau auf das, was du hast! Geht es dir besser als anderen im Leben? Und vergiss nicht deine Quellen." Das Stück haben die Schüler zusammen mit ihrer Lehrerin Reinhild Oyen selbst geschrieben.
Ein weiteres Zwischenangebot war ein Gespräch mit den afrikanischen Gästen. Rund 300 Wallfahrer waren dazu gekommen und interessierten sich zum Beispiel dafür, wie Hilfe in Afrika ankomme und was am dringendsten gebraucht werde. Bischof Sarpong erläuterte die Wege, die auch von der Partnergemeinde St. Maria Friedenskönigin Cottbus genutzt werden, und über die die Hilfe am sichersten ankomme. Institutionen wie Misereor, Missio und der Caritasverband seien dafür die geeignetsten Partner. "In erster Linie", so Bischof Sarpong, "ist Ausbildungshilfe gefragt, finanziell wie materiell. Unterstützung brauchen die Schulen mit einfachen Lernmitteln wie Hefte und Schreibutensilien." Auch Kleidung für Kinder sei wichtig. "Von Seiten der evangelischen Kirche wird auf ähnliche Weise Enormes geleistet", fügte der Bischof hinzu.
Ein ganz anderes Thema der Gesprächsrunde war die in Afrika üblichen Praxis der "Vielweiberei". Bischof Sarpong: "Die hat es immer in Afrika gegeben und es wird sie immer geben. Ich befürworte das nicht, aber als Kirche müssen wir damit leben."
Eine Buchlesung mit Pfarrer Klaus Weyers im Pfarrhaus und ein Konzert des Gospelchors "gospel & friends" aus Senftenberg, die zuvor schon den Wallfahrtsgottesdienst gestaltet hatten, gehörten zu den weiteren Angeboten des Zwischenprogramms. Für die Kinder bot die Spielschar der Cottbuser Mariengemeinde das Märchen von der "Goldenen Gans" in einer lustigen Bearbeitung. Auf der Wallfahrtswiese waren Bilder, Berichte und symbolische Gegenstände zum im vorigen Jahr ausgeschriebenen Familienwettbewerb zu sehen. Elf Gemeinden hatten sich beteiligt. Sie alle erhielten eine Urkunde. Die beiden Gewinner - die Pfarrgemeinden St. Trinitatis in Lübben und St. Wenzeslaus, Jauernick - erhielten je 1500 Mark, weitere vier Gemeinden je 750 Mark.
Gegen Ende der Wallfahrt standen noch einmal die Gäste aus Ghana im Mittelpunkt. Die Wallfahrer klatschten begeistert mit, als sie "Da na zie" - ein Lied aus ihrer Heimat - anstimmten. Dieses ist in über 70 Stammessprachen der Tui bekannt und heißt soviel wie: Danket, Danket Gott, denn seine Gnade und Güte sind überreich. Der Tag endete mit der Abschlussandacht in der Kirche, die von Senioren mitgestaltet wurde, die die Stiftung des Kreuzweges auf der Scheibe 1951 als Jugendliche selbst erlebt hatten.
Klaus Schirmer
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Mittwoch, 05.09.2001