Brücken zu den Meschen bauen
Polizeiseelsorge
Dresden (kpi) - Als Auftaktveranstaltung der Polizeiseelsorge in Sachsen fand am Donnerstag, dem 14. November in der Dresdner Dreikönigskirche ein ökumenischer Gottesdienst statt, den evangelischerseits Oberlandeskirchenrat Dieter Auerbach und katholischerseits Ordinariatsrat Lothar Vierhock hielten. Am 30. September war eine "Vereinbarung über den kirchlichen Dienst in der Polizei" zwischen den Kirchen und dem Freistaat Sachsen unterzeichnet worden, die nun mit Leben ausgefüllt werden muß. An dem Gottesdienst nahmen etwa 300 Polizisten und Polizistinnen aus dem Dresdner Raum teil sowie die Leiter der Polizeidirektionen, Vertreter der Polizeipräsidien, des Innenministeriums und anderer staatlicher Stellen, Vertreter der evangelischen Kirchen und der Bistümer im Freistaat, ebenso die Polizeiseelsorger beider Konfessionen und die Dozenten für berufsethischen Unterricht.
Im Anschluß daran referierte Klaus Wollenweber, Bischof der evangelischen Kirche der schlesischen Oberlausitz, vor den Polizeimitarbeitern im gehobenen Dienst und den Polizeiseelsorgern. Sein Thema: "Kirchlicher Dienst in der sächsischen Polizei - willkommene Hilfe oder unzeitgemäßes Angebot?" Er sprach sich dafür aus, Brücken zu bauen zwischen Kirche und Polizei einerseits und auf der anderen Seite zwischen Bevölkerung und Polizei, denn die in der DDR gemachten Erfahrungen haben viele Menschen geprägt und weiter mißtrauig gemacht. Polizeiliche Maßnahmen sollten sich durch "Verständnis, Toleranz und Humanität" auszeichnen, betonte Bischof Wollenweber.
In der darauffolgenden Podiumsdiskussion mit Eberhard Pilz, Polizeidirektor Dresden, Hartmut Ulbricht, Vorsitzender des Innenausschusses des Sächsischen Landtags, sowie Peter Knorn als katholischem Polizeiseelsorger und Uwe Mader von der evangelischen Kirche war der Tenor, daß Polizeiseelsorge ein Angebot zur Begleitung in schwierigen Situationen sein soll, vor denen Polizisten oft stehen. Berührungsängste müssen auf beiden Seiten abgebaut werden. Wo der Dominikanerpater Rainer Klostermann aus Leipzig-Wahren seine Freude über den Vertrag äußerte, der ihm Begegnung und unkonventionelles Arbeiten erlaube, betonten die aus Sachsen stammenden Pfarrer eher das Ungewohnte, aber auch die Chancen der Situation, Leuten gegenüber zu stehen, denen Kirche bisher meist fremd war.
Für die Seelsorge an Polizeibeamten stellt der Freistaat Sachsen künftig 210 000 Mark zur Verfügung. Seit fünf Jahren beteiligen sich 15 evangelische und zwei katholische Theologen an seelsorgerischen Aufgaben und am berufsethischen Unterricht der Polizei.
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 24.11.1996