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Bistum Magdeburg

Bildungshaus heute Zentrum der Fokolarbewegung

Zwochau (dw) - "Baut ihr nur, wenn ihr fertig seid, machen wir ein Kino daraus", bekamen die Zwochauer Katholiken von einem Vertreter der zuständigen Behörde zu hören, als sie vor mehr als vierzig Jahren ihren Kirchbau planten.

Daran erinnerte der Staßfurter Pfarrer Peter Zülicke, ehemals Pfarrvikar in der Zwochauer St.-Pius-Gemeinde, als die Gemeinde am 24. November das 40. Kirchweihjubiläum feierte. Eine katholische Kirche gibt es in dem 1000-Einwohner-Dorf am Rande des stillgelegten Braunkohle-Tagebaus Breitenfeld noch immer, ein Kino allerdings bis heute nicht.

Ernst Lorenz und Robert Weinert, beide schon über siebzig, gehören zu den Männern, die in den fünfziger Jahren beim Kirchbau kräftig mit zugepackt haben. Damit die beiden und andere "Veteranen" noch mitfeiern können, wollte die Gemeinde mit einer großen Feier nicht bis zum 50jährigen Bestehen der Kirche warten.

Die Erinnerungen der beiden Rentner wurden unter anderem durch einen Super-Acht-Film aufgefrischt, den Pfarrer Zülicke beim Gemeindefest zeigte. Philipp Albert, der erste katholische Pfarrer von Zwochau, hat detailgetreu auf Zelluloid gebannt, wie der Altar für die St.-Pius-Kirche aus einem Rochlitzer Porphyr-Steinbruch gebrochen, behauen und verladen wurde.

Schon zweimal glaubten Ernst Lorenz und Robert Weinert, die Auflösung der kleinen Gemeinde könne nicht mehr lange auf sich warten lassen. Wie in vielen anderen Regionen des Bistums war die Zahl der Katholiken nach dem Zweiten Weltkrieg durch die Vertriebenen aus dem Osten - darunter auch die Familien Weinert und Lorenz - in die Höhe geschnellt. Schon bald nach der Fertigstellung der Kirche begann das Gemeindeleben jedoch kräftig zu bröckeln. Mitte der siebziger Jahre fiel das großzügige Zwochauer Kirchengrundstück dann dem Görlitzer Ruhestandspriester Paul Schimke ins Auge. Unter abenteuerlichen Bedingungen begann er dort alleine mit der Hilfe einiger Zwochauer Katholiken, ein geistliches Zentrum zu bauen.

Genehmigt bekam er anfangs nur den Bau eines Mehrzweckraumes über einer Garage. Anschließend durfte er dafür einen Heizraum bauen. Später bekam er die Genehmigung, die - fast zwanzig Meter große - Baulücke zu schließen. Erst als der Bau schon in vollem Gange war, bekamen die Behörden und der Magdeburger Bischof mit, in welchen Ausmaßen in Zwochau gebaut wurde.

Nachdem ein Baustopp verhängt worden war, mußte das Bischöfliche Amt den Bau zu Ende führen. Seit der Einweihung durch Weihbischof Theodor Hubrich im Jahre 1978 fanden im Bischöflichen Bildungshaus St. Adalbert kirchliche Bildungsveranstaltungen statt, regelmäßig trafen sich hier zum Beispiel die Akademiker und die Pfarrhaushälterinnen.

Nach der Wende von 1989 erschien das St. Adalbert-Haus, insbesondere aufgrund seiner großen Entfernung von Magdeburg, für die Bildungsarbeit des Bischöflichen Amtes nur noch wenig geeignet. Seit Anfang der neunziger Jahre hat Zwochau keinen eigenen Seelsorger mehr und wird pastoral von Delitzsch aus betreut. Wiederum hatten die älteren Gemeindemitglieder die Befürchtung, daß katholisches Leben in Zwochau keine Zukunft haben würde. Ein neuerlicher Wandel trat jedoch ein, nachdem das Bistum Magdeburg das St.-Adalberthaus der Fokolarbewegung überließ. In den katholischen Sonntagsgottesdiensten der Pius-Kirche sind seither wieder mehr jüngere Gesichter zu sehen.

Die Teilnehmer an den Begegnungs- und Bildungsveranstaltungen, die in den vergangenen Jahren in Zwochau stattgefunden haben, kommen aus dem gesamten Gebiet der neuen Bundesländer. Etwa 2500 Christen und Kursteilnehmer anderer Weltanschauungen haben jährlich an Wochenendveranstaltungen teilgenommen, so daß der Platz im St.-Adalberthaus oftmals nicht ausreicht.

Am 23. November feierte die Fokolarbewegung deshalb Grundsteinlegung und gleichzeitig Richtfest für einen Erweiterungsbau. "Mariapolizentrum Einheit" soll das neue Begegnungszentrum heißen, das Platz für einen großen Mehrzweck-saal, eine Selbstversorgerküche mit Speiseraum und einige kleinere Versammlungsräume bietet. "Einheit" soll nicht einfach nur ein Name bleiben, sondern Programm sein. So ist es auf der Urkunde zu lesen, die Lucia Degasperi, verantwortlich für die Fokolarbewegung in den neuen Bundesländern, in den Grundstein versenkte.

Die Veranstaltungen, die künftig in Zwochau stattfinden, sollen nicht nur der Ökumene dienen, sondern auch den Dialog zwischen Christen und Vertretern anderer Weltanschauungen fördern.

Darüber hinaus sind Begegnungen mit Gästen aus Osteuropa geplant.

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 49 des 46. Jahrgangs (im Jahr 1996).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 08.12.1996

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