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Bistum Dresden-Meißen

Mit Alt-Schulden in den Ruhestand

Vorgestellt: ein Rheinländer in Sachsen

"Ich bin für die Leute da", diesen Ausspruch seines damaligen Kölner Heimatbischofs Josef Kardinal Frings nahm Pfarrer Bernhard Sahler als sein persönliches Motto an. Kardinal Frings wandelte es von seinem eigenen Bischofs-Wahlspruch: " Pro hominibus constitus" - Für das Wohl der Menschen - ab. Frings war es auch, der Bernhard Sahler am 24. Februar 1953 zum Priester weihte. Es war eine Zeit in der das Erzbistum Köln über mehr Priester verfügte, als gebraucht wurden. So gingen nicht wenige in andere Bistümer, wo viele Gemeinden keinen Priester hatten. Einer von ihnen war Bernhard Sahler, der 1956 auf Zeit ins Bistum Meißen kam. Das es ein Wechsel auf Dauer werden würde, ahnte niemand. Seine erste Station war Plauen, danach kam er 1959 nach Rochlitz, bis er schließlich ab 1970 in Gera in der Gemeinde "St. Elisabeth" sein Wirkungsfeld fand

Der Priester Bernhard Sahler stellte im Laufe der Jahre einen gewaltigen Unterschied zwischen der Kirche im Westen und der im Osten fest. "Hier geht alles viel persönlicher zu, sowohl in Gemeinden als auch zwischen den Priestern. "Im Gegensatz zu Köln kennt der Bischof hier jeden Einzelnen mit seinem Namen", erzählt Sahler mit einem Lächeln. Eine Erfahrung, die er zuerst bei Bischof Otto Spülbeck machte

1961 wurde Bernhard Sahler mit den negativen Seiten seiner Entscheidung für das Bistum Meißen konfrontiert. Der Mauerbau schnitt ihn über Nacht von seinen sechs Geschwistern ab. Und auch an eine Rückkehr in sein Heimatbistum war nicht mehr zu denken, da der Wechsel von Köln nach Meißen mit der DDR-Staatsbürgerschaft verbunden war. Doch bereits zum Zeitpunkt des Mauerbaus faßte Bernhard Sahler den Entschluß, ganz im Osten zu bleiben. Eine Entscheidung, die ihn auch in den Ruhestand begleitete, den er im Mai vergangenen Jahres antrat. Bernhard Sahler hat es jedoch nie bereut, in die Diaspora gekommen zu sein. Auf die Frage, ob er ganz im Bistum Dresden-Meißen zu Hause ist, antwortet er: "Vom Empfinden und von den Gefühlen her bin ich hier gut heimisch geworden.

Dennoch hat er sein Heimatrecht in Köln nie aufgegeben. "Das Erzbistum hatte mich hierher geschickt, also ist es auch für mich verantwortlich." Deshalb zahlt das Erzbistum Köln künftig seine Ruhestandsbezüge. Dabei erinnert sich Bernhard Sahler an eine Begebenheit aus seiner Anfangszeit: Die Erzdiözese gab ihm 1000 Mark als Darlehen mit auf den Weg in den Osten. "Geld, das ich eigentlich noch heute schulde", berichtet Pfarrer Sahler, dem man den rheinischen Humor seiner Heimat noch heute anmerkt. Doch weder Bernhard Sahler noch der Kölner Generalvikar bestehen auf eine Rückzahlung des Anfangs-Darlehens

Eine Zeit, an die Bernhard Sahler besonders gern zurückdenkt, sind die 20 Jahre in der Gemeinde "St. Elisabeth" Gera, mit der er noch weiter verbunden ist. In Gera startete er zu Beginn der siebziger Jahre mit Pfarrer Johannes Rippel und Pfarrer Walter Hochmut ein sogenanntes "Teamexperiment". In diesem neuen Projekt - von Bischof Otto Spülbeck angeregt - sollten die Priester große Teile ihres Weges gemeinsam gehen. Dem Bischof kam es darauf an, daß die Priester lernen, auf den anderen Rücksicht zu nehmen und miteinander leben zu können, erinnert sich Bernhard Sahler. Bestärkung zu diesem Unternehmen erfuhr er durch seine zwölf Rochlitzer Jahre, die er allein verbrachte. "Ich wollte das in Gera nicht wiederholen." Nach dem Tod von Bischof Otto wurde das Teamexperiment jedoch nicht weiter fortgesetzt, obwohl die Priester noch eine Zeit gemeinsam lebten

Heute denkt Bernhard Sahler wieder über eine solche Art des Zusammenlebens nach. Zur Zeit wohnt er noch in einer Privatwohnung in Schmölln (Kreis Altenburg) und hält an Sonn- und Feiertagen im Ort die heilige Messe. Pfarrer Sahler hat den Wunsch, auch noch in seinem Ruhestand mit dem Gemeindeleben verbunden zu sein - was durch eine Wohngemeinschaft mit Pfarrern, die ihren Dienst noch voll verrichten, möglich ist. "Denn viele Geistliche", sagt Sahler, "werden mit der Einsamkeit nicht fertig.

Auf die Frage, wie er die heutige Situation der Kirche einschätze, wird Bernhard Sahler nachdenklich. "Die Kirche macht den Eindruck, als stehe sie auf der Seite der Reichen." Diese Diskrepanz zwischen reich und arm müsse überwunden werden. "Wir haben uns - sowohl politisch als auch wirtschaftlich - in eine Situation hineindrängen lassen, die nicht gut für die Kirche ist.

Trotzdem sei er von Grund auf Optimist und vertraue dahingehend auf das Werk Gottes. Das Zusammenwachsen der Kirchen von Ost und West sehe er als Aufgabe der Jugend an. Die Kirche sollte aber auch "den Mut bekommen, mit wenigen Menschen zu leben", meint er mit Blick auf die immer kleiner werdenden Gemeinden

Und bei all diesen Problemen und Schwierigkeiten, so Bernhard Sahler, sei es schon etwas wert, wenn man diese erkennt. Denn dann "sind wir noch nicht am Ziel, aber ein Stück des Weges gegangen.

Katharina Funke

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 2 des 47. Jahrgangs (im Jahr 1997).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 12.01.1997

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