Katholischer Bischof: "Ein Fels in der Brandung"
Nachruf auf den evangelischen Altbischof Fränkel
Im Alter von 87 Jahren ist in Marburg der frühere Görlitzer evangelische Bischof Hans-Joachim Fränkel gestorben. Am 21. Dezember erlag er einer kurzen, schweren Krankheit. Über 30 Jahre lang hatte er nach 1945 deutlich und kräftig die Geschichte der Evangelischen Kirche der schlesischen Oberlausitz geprägt. 15 Jahre lang, von 1964 bis 1979 führte er die Landeskirche als Bischof
In dieser Zeit trat er besonders durch sein Eintreten für die kirchliche Eigenständigkeit in der sozialistischen Gesellschaft hervor. Sein Engagement für Christen, die ihres Glaubens wegen benachteiligt wurden, hat ihm wiederholt erhebliche Konflikte mit der SED-Führung eingebracht. "Sein persönliches und dienstliches Handeln war von der Zeit des Nationalsozialismus an unerschrocken und mutig", heißt es in dem von der Evangelischen Kirche herausgegebenen Nachruf. Der katholische Altbischof Bernhard Huhn, mit dem der Verstorbene über Jahrzehnte in einem guten, brüderlichen ökumenischen Kontakt stand, bezeichnete Fränkel als "Fels in der Brandung". Sein Wort sei im kirchlichen und politischen Bereich beachtet worden, aber auch auf Gegnerschaft gestoßen
Nach seinem Abitur 1928 in Liegnitz studierte Fränkel in Breslau und Tübingen Theologie. Bereits als Vikar schloß er sich der Bekennenden Kirche an, die 1934 mit der theologischen Erklärung von Barmen die damalige staatliche Macht und manche kirchliche Anbiederungsversuche kritisierte. Nach der Ordination durch Ernst Hornig in Breslau wurde Fränkel zum Militärdienst eingezogen, 1941 an der russischen Front verwundet und 1945 aus dem Wehrdienst entlassen. Die Kriegserfahrungen prägten die geistige und geistliche Denkweise des Kirchenmannes
Die gemeinsam erlittene Festungszeit in Breslau knüpfte ein festes Band zwischen Hornig und Fränkel. Beide kamen aus Schlesien vertrieben 1947 nach Görlitz. Während Kapitelsvikar Dr. Ferdinand Piontek für die katholische Kirche in Görlitz das Erzbischöfliche Amt aufbaute, errichteten Hornig und Fränkel hier ein neues evangelisches Konsistorium und eine neue Kirchenleitung der evangelischen Landeskirche Schlesien. Auch nach seiner Berufung zum Oberkonsistorialrat im Jahre 1952 nahm er die pastoralen Aufgaben in einer kleinen Kirchengemeinde Nähe von Görlitz wahr. Mit den späteren katholischen Bischöfen Schaffran und Huhn pflegte er ein intensives ökumenisches Gespräch. Damals entstand der "Una-Sancta-Kreis", in dem sich über Jahrzehnte hinweg katholische und evangelische Geistliche regelmäßig zu theologischen und geistlichen Gesprächen zusammenfanden
1965 verlieh ihm die theologische Fakultät der Friedrich-Wilhelm-Universität Bonn die Ehrendoktorwürde. Am 15. Mai 1993 ehrte ihn die Stadt Görlitz mit der Verleihung der Ehrenbürgerwürde. Seinen Lebensabend verbrachte Hans-Joachim Fränkel seit 1979 in Marburg. Am 28. Dezember fand in der Görlitzer Lutherkirche für ihn der Trauergottesdienst statt. Danach erfolgte die Beisetzung in Görlitz-Rauschwalde.
B. Richter / epd
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 12.01.1997