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Bistum Magdeburg

Entgrätet und abgelegt

Im Archiv des Bistums

Magdeburg (dw) - Sensationen liegen nicht versteckt im Keller des Magdeburger Ordinariates. Und doch finden in den letzten Jahren einige Wissenschaftler den Weg in das Archiv des Bistums Magdeburg

Die Mitglieder der "Kommission für Zeitgeschichte" der katholischen Kirche müssen sich dafür ebenso wie die Historiker, die über das Leben Bischof Hugo Aufderbecks oder über andere kirchliche Themen ihre Doktorarbeit schreiben wollen, zunächst die Genehmigung des Generalvikars holen

Den belüfteten kleinen Kellerraum mit Schieberegalen, der seit 1979 das Bistumsarchiv beherbergt, bekommen die Archivbesucher in der Regel aus Gründen der Sicherheit und des Raumklimas nicht zu sehen. Daniel Lorek, seit mehr als drei Jahren Sachbearbeiter im Archiv, berät die Benutzer und sucht ihnen die Akten heraus, die ihnen weiterhelfen könnten

Die ältesten Urkunden, Dokumente und Schriftwechsel stammen aus den Jahren nach 1945, der Zeit des Kommissars und späteren Weihbischofs Wilhelm Weskamm. Für Archivmaterial sei das kein hohes Alter, sagt Daniel Lorek. Bei einem Bombenangriff auf Magdeburg im Januar 1945 seien alle älteren Akten vernichtet worden, die damals im Propsteipfarramt lagerten. Eine Reihe von Akten aus der Zeit zwischen 1818 und 1880, die Magdeburg betreffen, liegen im Archiv des Erzbistums Paderborn. Es gebe Beschlüsse, sie eines Tages nach Magdeburg zu überführen, doch das sei noch Zukunftsmusik. Bisher seien die Räume dafür nicht geeignet. Ohnehin sei das Archiv auf Zukunft hin angelegt

Eine Reihe der Akten unterliegen Sperrfristen und dürfen erst nach vierzig Jahren wissenschaftlich ausgewertet werden. Von Problemen mit dem Zerfall von Akten, die in fast allen älteren Archiven Kopfzerbrechen bereiten, ist das Magdeburger Bistumsarchiv bisher verschont geblieben

Bald wird man sich jedoch auch in Magdeburg Gedanken machen müssen, wie man alte Dokumente konserviert, sieht Daniel Lorek voraus. Auf Papierqualität sei in der Vergangenheit oftmals kein besonderer Wert gelegt worden

Den größten Teil der fünfzig Meter Bistumsakten haben Lorek und seine Vorgänger bereits geordnet

Bevor er das Aktenmaterial aus allen Abteilungen der Bistumsverwaltung alphabetisch ablegt, müssen die Papiere aussortiert und "entgrätet", das heißt von Büroklammern und anderen Metallteilen befreit werden, die sonst rosten würden. Wie lange er welche Papiere aufheben muß, ist in der sogenannten "Kassationsordnung" des Bistums festgeschrieben. Rechnungen zum Beispiel müssen fünf bis zehn Jahre lang aufbewahrt werden

Derzeit bearbeitet der Archiv-Sachbearbeiter gerade das Material der Dresdner Pastoralsynode aus den siebziger Jahren. Am interessantesten findet er die Akten aus der Zeit der Neuorganisation des Kommissariates nach 1945. Unter anderem sind die Verhandlungen über Staatsleistungen für die Kirche dokumentiert

Neben den Akten birgt das Magdeburger Bistumsarchiv, das der Geistliche Rat Dr. Franz Schrader von 1979 an gemeinsam mit seiner Mitarbeiterin Sabine Zeiske aufgebaut und bis zu seiner Pensionierung 1993 geleitet hat, noch einige andere Dinge, die es wert schienen, aufbewahrt zu werden

Zwei Fotosammlungen gibt es im Magdeburger Archiv. Ein kleines Bilderarchiv gibt Zeugnis von der Entwicklung verschiedener Bauvorhaben im Erzbischöflichen Kommissariat unter Leitung des ehemaligen Bauamtsleiter Prälat Heinrich Jäger. Eine weitere Fotosammlung zeigt Aufnahmen von Bischofsbesuchen in unterschiedlichsten Pfarreien. Die meisten dieser Fotos hat Ordinariats-Mitarbeiter Peter Neuberg geknipst, der Bischof Johannes Braun und Weihbischof Theodor Hubrich auf Pastoralreisen als Fahrer begleitet hat. Kurz nach der Wende hatte das Bistum die Möglichkeit, Spezialfilme mit den Daten der Kirchenbücher katholischer Pfarreien bis 1875 anfertigen zu lassen

Sie liegen im Archivkeller, können allerdings nur mit Hilfe eines teuren Lesegerätes angeschaut werden, das sich das Bistum bisher nicht angeschafft hat. Rückblickend ist eine Chronik des Erzbischöflichen Kommissariates erstellt worden.

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 2 des 47. Jahrgangs (im Jahr 1997).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 12.01.1997

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