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Bistum Dresden-Meißen

Sorge um die Erzgebirgsregion

Erklärung des Diözesanrates zu ökologischen Fragen

Dresden (pz) - Die Waldschäden im Erzgebirge nehmen immer größere Ausmaße an, dies teilte Sachsens Staatsminister für Land- und Forstwirtschaft, Rolf Jähnichen, in Dresden mit. Der Diözesanrat des Bistums Dresden-Meißen, das höchste Laiengremium der Diözese, befaßte sich mit dem Thema und verabschiedete eine Erklärung

Mit Betroffenheit und Sorge haben wir als katholische Christen die Einschätzung des sächsischen Landwirtschaftsministers Dr. Rolf Jähnichen zur Waldschadensentwicklung im Erzgebirge zur Kenntnis genommen. Der Diözesanrat als gewählte Vertretung der katholischen Laien des Bistums Dresden-Meißen - und zu diesem Bistum gehört auch das Erzgebirge - weist auf die besondere Verantwortung hin, die die Christen aller Konfessionen für die Bewahrung der Schöpfung zum Erhalt des Lebensraumes und der Lebensvoraussetzungen aller Menschen dieser und künftiger Generationen haben. Er unterstützt darum auch alle Initiativen und Bemühungen, die dem Erhalt der Wälder und der Waldmehrung dienen. Denn erst stirbt der Wald, schließlich dann der Mensch

Unsere tschechischen Brüder und Schwestern benötigen Elektroenergie genauso wie wir. Die wirtschaftliche Lage aber stellt die Verantwortlichen vor schier unlösbare Probleme, weil die Nachrüstung der Braunkohlekraftwerke mit leistungsfähigen Entschwefelungsanlagen in Nordböhmen - man vergleiche nur die Aufwendungen bei der Sanierung des Chemnitzer Heizkraftwerkes Nord - mehrere hundert Millionen Mark verschlingt, der Stromimport von Deutschland nach Tschechien nicht umsonst ist und die Abschaltung unsanierter Kraftwerke beträchtliche Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt in Nordböhmen hat. Wollen wir aber die sächsischen und natürlich auch die böhmischen Wälder retten oder wenigstens schonen, wird wohl eine Investitionshilfe für Kraftwerkssanierungen oder ein Verzicht auf Einnahmen (mindestens aber auf Gewinne) aus Stromexporten unausweichlich sein

Aus christlicher Verantwortung sollten wir auch bereit sein, den Gürtel in dieser Frage etwas enger zu schnallen, wenigstens aber über unser eigenes Energieverbrauchsverhalten nachzudenken. Das ist nicht nur eine Frage unseres Geldbeutels. Was wir verkacheln, fehlt den nachfolgenden Generationen! Nach uns die Sintflut? Wie ernst nehmen wir alle diese Frage? Der scheinbar ungebremste oder gar hemmungslose Verbrauch fossiler Energieträger (Kohle, Erdöl, Erdgas) zur Deckung unseres unablässig steigenden Energiebedarfs sollte in christlicher Verantwortung reflektiert werden

Im Erzgebirge geht es zwar in erster Linie zunächst um Schwefeldioxidbelastungen. Aber wir wissen alle - und wenn nicht, dann fragen wir doch unsere Kinder, die gerade Chemie- und Biologieunterricht haben -, daß in jedem Prozeß der Verbrennung fossiler Energieträger zur Erzeugung von Raum- und Prozeßwärme oder Elektroenergie schädliches Kohlendioxid freigesetzt wird. Ozonloch und viele andere Stichworte fallen uns sofort ein

Was tun wir aber eigentlich, um einen Beitrag zur Tilgung des Kohlendioxid-Überschusses und zu seiner Wandlung in Kohlenstoff und Sauerstoff- also zur Regeneration - zu leisten? Wir wissen alle, daß dieser Prozeß der Wandlung durch Photosynthese von den Bäumen, Sträuchern und Wäldern weltweit geleistet wird und auch künftig geleistet werden muß. Also - und das ist nicht nur eine energiewirtschaftliche sondern auch eine ethische Frage - gehen wir hin und pflanzen wir Bäume in solcher Zahl, daß unser Verbrauch an fossilen Energieträgern, daß der durch uns verursachte CO 2-Ausstoß kompensiert wird! Das geht nicht? Und doch

Weltweit gibt es zahlreiche Organisationen, die durch Einwerbung von Spenden und Nutzung von Förderprogrammen sich diesem Ziel verschrieben haben. In einigen Ländern werden Unternehmen mit "hohem CO2-Ausstoß" - und das ist schließlich sogar jedes große Büro- und Bankgebäude aufgefordert, einen Beitrag zur Waldmehrung zu leisten. Es läßt sich errechnen oder wenigstens schätzen, wie groß die CO 2-Emission eines Unternehmens ist und damit wie groß der Beitrag zur Waldmehrung sein müßte. Auch in Sachsen gibt es auf freiwilliger Basis ohne gesetzlichen Zwang dazu sehr gute Ansätze. Dazu gehört die "Stiftung Wald für Sachsen", die sich die planmäßige Waldmehrung zum Ziel gesetzt hat, zumal der Waldanteil in Sachsen deutlich unter dem bundesdeutschen Durchschnitt liegt. Der Diözesanrat begrüßt ausdrücklich solche Initiativen und will sie aus christlicher Verantwortung für die Bewahrung der Schöpfung entsprechend seinen Möglichkeiten nach Kräften unterstützen

Der Diözesanrat stellt schließlich mit Sorge fest, daß einerseits und in erster Linie die Waldschadensentwicklung selbst, der es entgegenzuwirken gilt, und andererseits aber auch eine übertriebene Dramatisierung dessen mit der Folge der Erzeugung eines Negativimages zu einer Schädigung der ohnehin komplizierten wirtschaftlichen Lage der Erzgebirgsregion führen, die auf die weitere Entwicklung des Tourismus als Wirtschaftsfaktor setzen muß

Wir sind dankbar für alle Bemühungen der Bürgerinnen und Bürger aller Konfessionen und Weltanschauungen, der politischen Verantwortungsträger und aller Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in den Verwaltungen und Fremdenverkehrsämtern um die Gestaltung des kulturellen Lebens in großer Vielfalt in unserem gastfreundlichen Erzgebirge. Wir wissen darum und bringen zum Ausdruck, daß es trotz der Sorgen um die erzgebirgischen Wälder unzählige herrliche Landschaften und Refugien gibt, die des Besuchs und Urlaubsaufenthalts wert sind. Wir sind sicher, daß die politischen und kirchlichen Gemeinden alle Gäste wie bisher gern willkommen heißen werden.

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 4 des 47. Jahrgangs (im Jahr 1997).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 26.01.1997

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