Neue Gemeinschaft in alten Klostermauern
Neuzelle
Neuzelle (br) - Eine neue geistliche Gemeinschaft ist Anfang Januar in Neuzelle eingezogen. Zwei Männer und zwei Frauen der "Gemeinschaft der Seligpreisungen" bewohnen nun die Räume des ehemaligen Diözesanhauses Bernhardinum
Bereits seit der Verlegung des Priesterseminars Bernhardinum von Neuzelle nach Erfurt stand die Görlitzer Diözesanleitung vor der Frage des weiteren Schicksals dieses Hauses. Es bestand die Absicht, eine männliche Ordensgemeinschaft für Neuzelle zu gewinnen. Dabei war es den Beteiligten klar, daß eine solche Suche terminlich nicht unbegrenzt sein kann. Als Stichtag wurde der 31. Dezember 1996 festgelegt. Zu diesem Zeitpunkt wurde das Diözesanhaus, das von vorneherein nur als Übergangslösung geplant war, geschlossen
Nachdem alle intensiven Bemühgungen bei Benediktinern, Augustiner-Chorherren und Franzskanern fehlgeschlagen waren, gelang es - als schon fast alle Hoffnung am Schwinden war - die "Gemeinschaft der Seligpreisungen" für Neuzelle zu interessieren
Die Gemeinschaft stammt aus Frankreich. Ihr Gründer ist Bruder Ephraim, ein verheirateter Ständiger Diakon, der 1973 mit seiner Frau konvertierte. Der Ortsbischof von Albi hat die Gemeinschaft der Seligpreisungen 1978 als Verein von Gläubigen nach Diözesanem Recht errichtet
Diese Gemeinschaft vereint katholische Laien aller Lebensstände und Geistliche mit dem Wunsch, dem Vorbild der christlichen Urgemeinde möglichst nahe zu sein durch gemeinschaftliches Leben, Gütergemeinschaft, tägliche Feier der heiligen Messe, Zeiten des Stundengebetes, stille Anbetung des Allerheiligsten, Rosenkranzgebet und inneres Gebet, auch durch die Mitwirkung im Dienst an Armen und in der Verkündigung des Evangeliums
Alle Aktivitäten geschehen in enger Bindung an die katholische Kirche und ihre Vorsteher. Neugründungen erfolgen immer im Einvernehmen mit dem jeweiligen Diözesanbischof. So hat auch Bischof Müller diese Gemeinschaft nach reiflicher Prüfung nach Neuzelle gerufen. In den bisherigen Niederlassungen in Frankreich, in Deutschland seit 1986 in Rees am Niederrhein, bei Frankfurt am Main, in Altenberg und Bayern, dann in Italien, der Schweiz, in Belgien, Tschechien, Ungarn, Rußland, Israel, Libanon, Amerika und Neuseeland versucht die Gemeinschaft, auf die jeweiligen Bedürfnisse der Kirche zu antworten. In Frankreich, wo sie auch ihren Sitz hat, gibt es mittlerweile zwanzig Häuser
Zwei Schwestern und zwei Brüder sind als eine Art Vorbereitungsteam nach Neuzelle gekommen. Die endgültige "Mannschaft" soll im Laufe des Jahres kommen. "Wir wollen hoffen, daß dieses Pflänzchen auf dem harten Diasporaboden aufgeht", schreibt Bischof Müller in einem Brief an die Gemeinde Neuzelle. "In ihrem geistlichen Bemühen um Berufungen aller Art in der Kirche könnte auf ganz andere Weise die Tradition des Priesterseminars Neuzelle fortgesetzt werden
Das Haus steht interessierten Besuchern zum Kennenlernen und zeitweiligen Mitleben offen. Der Bischof kündigte an, daß er sich selbst Zeit nehmen wird, um dort einmal eine Woche unter den Brüdern und Schwestern zu verbringen. "Die besten Informationen sind der persönliche Kontakt mit den Männern und Frauen dieser Gemeinschaft", schrieb der Bischof den Neuzeller Katholiken.
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 26.01.1997