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Bistum Görlitz

Teilen bis zur Schmerzgrenze

Erfahrungen in einer afrikanischen Partnergemeinde

Cottbus (ks) - Der Initiator der Partnerschaft zwischen der Cottbuser Propsteigemeinde St. Maria Friedenskönigin und der ghanaischen St. Margret-Mary-Gemeinde in Dansoman, Rudolf Schirmer, besuchte kürzlich die Partnergemeinde

"Wir alle sind Kinder eines Vaters, ob schwarz oder weiß, ob in Nord oder Süd!" Mit diesen Worten begrüßte Pfarrer John Straathof den "weißen Mann" aus Cottbus. Rudolf Schirmer konnte der Gemeinde berichten, daß die Cottbuser Katholiken noch im Sommer die neuen Kirchenfenster für die fast fertiggestellte St. Margret-Mary-Kirche übergeben werden. Die Propsteigemeinde Cottbus hatte einen Teil der Kirchenfenster gestiftet

Besonders eindrucksvoll war für den Cottbuser Gast der Sonntagsgottesdienst: Zwei Stunden lang erlebte er bei 32 Grad im Schatten auf harten, einfachen Holzbänken festlichen Gesang und Begeisterung, die unter die Haut ging. Zur Gabenbereitung bringt jeder nicht nur seinen Überfluß, sondern in Fülle das, was er hat

Schirmer berichtete von dem "unerschütterlichen Glauben an die Kraft des Gebetes", die er bei seinen Gastgebern beobachtet hat. "Eine nicht erfüllte Gebetsbitte bezeugt lediglich, daß nicht inständig genug gebetet wurde.

Täglich treffen sich am Abend Gebetsgruppen in der Kirche, um - zumeist singend - in den unterschiedlichsten Anliegen zu beten. Nach dem Sonntagsgottesdienst beraten sie die nächsten Aktivitäten: Wo sind Menschen in Not, wo sind Kranke zu besuchen. Am folgenden Sonntag treten die, für deren Anliegen gebetet wurde, vor die Gemeinde, bedanken sich öffentlich für die Gebetsunterstützung und berichten über Gebetserhörungen

In der großen Mehrzahl sind es gebildete Menschen, mit denen der Cottbuser Gast Umgang hatte. Er wohnte bei seinem Freund Peter Amissah, den er aus Cottbus kennt. Mit anderen jungen Afrikanern, teils Mitglieder einer christlich sozialen Partei, sollte er 1987 in der DDR den Sozialismus kennenlernen. In Einjahreslehrgängen bekamen sie in der Bezirksparteischule der SED in Cottbus Marxismus gelehrt. Sie erbaten sich dort einen Gebetsraum und bekamen ihn tatsächlich. Als sie am Sonntag in die Marienkirche kamen, ging Rudolf Schirmer auf sie zu und begrüßte sie in seinem Schulenglisch. Aus der ersten Begrüßung entwickelten sich Freundschaften. Drei solcher Jahreslehrgänge folgten, und die Neuankömmlinge hatten die Kontaktadresse bereits in der Tasche

Bei seinem Gegenbesuch lernte Rudolf Schirmer die Lebensgewohnheiten der Afrikaner kennen. Die hektische Betriebsamkeit unserer Breiten verbiete sich zwar bei den klimatischen Bedingungen Afrikas, zwischen Sonnenaufgang und -untergang, übrigens immer um 6 bzw. 18 Uhr, tue jedoch jeder etwas für seinen Lebensunterhalt. Da verkauft einer in Plastetüten abgefülltes "Eiswasser", das nach zwanzig Minuten nur noch eine warme Brühe ist. Da backen Familienmütter "Fu Fu", gestampfte Klöschen aus Kassawa-Wurzeln und Kochbananen in Maisblätter verpackt oder Kinkay, gestampfte Körner und bieten dies, auf dem Kopf balancierend, an der nächsten Straßenecke an. Ein Familienvater sitze an einer vorsintflutlichen Nähmaschine. Mit dieser "Änderungsschneiderei" ernährt er seine Familie

Peter Amissah und die anderen Ghanaer, mit denen Schirmer zu tun hatte, folgen in einer für ihn bis dahin unvorstellbaren Weise dem christlichen Gebot der Nächstenliebe. Amissah bezahlte einem mittellosen Unbekannten einen notwendigen Krankenhausaufenthalt und nahm ihn danach bis zur völligen Genesung in seiner Wohnung auf, obwohl er keine größeren Ersparnisse hat. In der Pfarrgemeinde und einer Schule konnte Rudolf Schirmer Schul- und Kindersachen aus Cottbuser Paketen verteilen. Das Provinzialat der Steyler Missionare hatte den Transport besorgt

Den Cottbusern und anderen deutschen Pfarrgemeindemitgliedern sind die "Kumasi-Singers" von ihrer Deutschlandtournee im vergangenen Oktober noch gut im Gedächtnis. In Kumasi, 260 Kilometer von Dansoman entfernt, traf Schirmer Pfarrer Antony wieder, der die Gruppe begleitet hatte. Er vermittelte für den Gast einen Besuch beim Bischof von Kumasi, Peter Sarpong. Der Bischof berichtete unter anderem von der Arbeit einer Schwesternstation in Kumasi, die eingestellt werden müsse, wenn nicht Medizin und medizinische Hilfsmittel beschafft werden könnten

In Cottbus beginnt zur Zeit eine Nähmaschinen-Sammelaktion als Hilfe für Afrika. Als Hilfe zur Selbsthilfe sollen die Nähmaschinen Afrikanern den Lebensunterhalt sichern helfen. Der Diözesancaritasverband Cottbus und die Steyler Missionare organisieren dann den Transport nach Afrika

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 6 des 47. Jahrgangs (im Jahr 1997).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 09.02.1997

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