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Bistum Magdeburg

Klima der Nächstenliebe

20 Jahre Bischof-Weskamm-Haus in Magdeburg

Magdeburg (dw) - Die außergewöhnlich gute Atmosphäre im Magdeburger Bischof-Weskamm-Haus war Gesprächsthema bei der Feier zum 20jährigen Bestehen des Caritas-Alten- und Pflegeheimes am vergangenen Wochenende. Bewohner und ihre Angehörigen, Mitarbeiter und auch der Magdeburger Bischof Leo Nowak nahmen in Ansprachen und in Unterhaltungen am Rande Bezug auf das "Klima der Nächstenliebe" im Weskamm-Haus, das sich unter anderem in einer mehr als 100prozentigen Auslastung niederschlage. Das Weskamm-Haus war das erste Gebäude, daß das Bischöfliche Amt Magdeburg von 1974 bis 1977 über das Sonderbauprogramm der DDR mit Valuta aus der Bundesrepublik baute

Letztlich sei die Atmosphäre eines Hauses viel wesentlicher für das Wohlbefinden der Bewohner als ein hochmoderner baulicher Standard, meint Ulrich Kokot, der das Haus seit zwanzig Jahren leitet. "Ein Plattenbau? - am besten gleich abreißen!" habe er bei Verhandlungen über die Einhaltung der Heimmindestbauverordnung nach der Wende unter anderem zu hören bekommen, erzählte er nicht ohne Bitterkeit

Den Mitarbeitern sei stets bewußt gewesen, daß die Wohnräume im Weskamm-Haus etwas zu eng seien, betont Kokot. Der Bau und zahlreiche technische Verbesserungen und Investitionen seien jedoch unter großem persönlichen Einsatz vieler Kirchenvertreter und Caritasmitarbeiter, darunter der 1981 bei einem Verkehrsunfall gestorbene Caritasdirektor Bruno Scholze, erkämpft worden. Für viele habe es dadurch einen besonderen ideellen Wert. Als das Weskamm-Haus gebaut wurde, seien Heimplätze in der DDR absolute Mangelware gewesen

Abgerissen wird der Platten-Komplex nun offenbar doch nicht, wenn Ende 1999 ein Ersatzneubau für zwölf Millionen Mark in unmittelbarer Nachbarschaft des jetzigen Standorts bezugsfertig wird. Geplant ist, die Gebäude dann für alten- und behindertengerechtes Wohnen zu nutzen

Den Anstoß zum Bau eines alten- und behindertengerechten katholischen Heimes für den Magdeburger Raum hätten Rollstuhlfahrer gegeben, erinnerte Ulrich Kokot in seinem Rückblick zur Jubiläumsfeier. Von 80 Heimplätzen waren zehn von Anfang an für behindertengerechtes Wohnen eingeplant

Allerdings hätten die Mitarbeiter des Heimes erst nach und nach herausgefunden, wie sie sich am besten auf die Bedürfnisse der jüngeren, körperbehinderten Bewohner einstellen konnten. Einer Initiative des Bischof-Weskamm-Hauses sei es dann unter anderem zu verdanken gewesen, daß auch in der Stadt einige Bordsteine abgesenkt wurden

Die vier Bewohner, die bereits in den ersten Monaten nach der Eröffnung eingezogen sind und noch heute im Weskamm-Haus leben, gehören alle zur "rollenden Truppe",wie der Heimleiter scherzhaft sagt: die Torgauerinnen Maria Hinz und Margarete Ende, Herta Müller aus Wildenhain, die den Vorsitz im Heimbeirat hat, und Manfred Fuchs aus der Nähe von Zeitz

Seine Mutter Maria ist ebenfalls eine "Frau der ersten Stunde". Sie arbeitete sieben Jahre lang als Pflegerin im Bischof-Weskamm-Haus und zog dann als Bewohnerin ein. Mit großem Engagement setzt sie sich seither nach Kräften für ihre Mitbewohner ein, so daß sie den Spitznamen "Mutter der Behinderten" davongetragen hat. Heimleiter Kokot rief in seiner Ansprache auch die 393 Männer und Frauen in Erinnerung, die in den vergangenen zwanzig Jahren im Alten- und Pflegeheim starben. Die Sudenburgerin Martha Koch war die erste, die in der Einrichtung verstarb. Der Heimleiter mußte ihr vorher versprechen, daß sie in ihrem eigenen Sarg beerdigt würde

Mit einem gelben Caritas-Transporter holte er das gute Stück zur Verwunderung der Nachbarschaft aus Frau Kochs Haus. Dort stand der Sarg seit 25 Jahren auf dem Dachboden bereit, nachdem ein Tischler der Frau geraten hatte, im Blick auf die knappen Holzvorräte den Sarg sicherheitshalber bereits zu Lebzeiten anfertigen zu lassen

Auf Initiative Bischof Johannes Brauns hatte das Caritasheim seinen Namen bekommen. Wilhelm Weskamm, der von 1949 bis 1951 Weihbischof und vorher Propst in Magdeburg war, hat sich für die Errichtung verschiedener katholischer Häuser in Ostdeutschland eingesetzt, darunter das Erfurter Priesterseminar und das Magdeburger Norbertuswerk

"Den Leib Christi errichten" war sein Wahlspruch als Bischof. Bei kirchlichen Neubauten wies er immer wieder darauf hin, daß letztlich Gott das Haus erbauten müsse

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 6 des 47. Jahrgangs (im Jahr 1997).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 09.02.1997

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