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Bistum Görlitz

Gottes Segen - Chance für den Menschen

Neue Kirchenfenster in Hoyerswerda / Betrachtungen von Bischof Rudolf Müller

Die Pfarrkirche "Zur Heiligen Familie"; in Hoyerswerda besitzt seit wenigen Monaten eine bemerkenswerte Kostbarkeit; ein neugestaltetes fünfteiliges Fensterband, dessen Bleiverglasung in bunten Farben Motive von tiefem Sinngehalt aufleuchten läßt. Sein Schöpfer ist der auch hierzulande bekannte Priesterkünstler Pfarrer Sieger Köder. Seine Aufgabe war, im Rahmen der Erneuerung des Altarraumes mit dieser Fenstergestaltung die Rückwand, in der eine große neugotische Rosette mit dem Bild der Heiligen Familie dominiert, künstlerisch zu vervollständigen.

Mit seiner ihm eigenen Symbolsprache, wie wir sie von seinem "Hungertuch"; her kennen, vermag er auch hier, tiefe Aussagen über biblische Geschehnisse zu machen. Angeregt durch das Bild im Rundfenster, greift Sieger Köder das Thema "Familie"; auf. Er deutet Familie durch konkrete Beispiele aus dem alten Bund als Heilsträger im Vorausblick auf jene Familie, aus der Christus, das verheißene Heil hervorgeht.

Der Theologe Köder markiert die Heilsgeschichte stufenweise durch fünf "Familienbilder";: Adam und Eva, Abraham und Sara, Boas und Ruth, Zacharias und Elisabeth, Joachim und Anna, mit dem jeweiligen Kind, das den Verheißungsstrom weiterführt. Es sind für uns etwas ungewöhnliche Darstellungen, aber geprägt von einer tiefen, unschwer erkennbaren Symbolik. Diese fünf Fenster von Sieger Köder mit ihrer starken Aussagekraft sind einer näheren Betrachtung wert. Sie wird in den kommenden Ausgaben an dieser Stelle stehen.

Das erste Fenster zeigt Adam und Eva. Ein Redner sollte nicht "bei Adam und Eva"; anfangen; man bescheinigt ihm damit seine Weitschweifigkeit. Anders ist es bei Sieger Köder mit seinen Kirchenfenstern. Mit den "Familienbildern"; aus dem Alten Testament führt er den Betrachter bewußt bis an den Anfang der Menschheitsgeschichte, von dem die Bibel erzählt.

Auf dem nebenstehenden Bild stellt er die "Urfamilie"; dar - als erste gemeinschaftliche Zelle eng beieinander: Adam als "Haupt"; zu oberst, unter ihm im Vordergrund Eva, ihrem Jüngsten, mütterlich zugeneigt, die Brust reichend. Und dann noch die beiden "Großen";: Kain und Abel unten links und rechts, sorglich voneinander getrennt. Sie sind, Zeit verschoben, hier noch kleine Rangen, aber man ahnt schon aus ihrer verschiedenen Haltung - Kain greift nach einem Stein - das kommende Zerwürfnis.

Wir blicken auf kein Idyll; die paradiesische Zeit ist vorbei. Adam - den Kopf zwischen den Händen - grübelt über Gott und die Welt, die nun nicht mehr heil ist. Der "Baum des Lebens"; ist verdorrt, ist jetzt ein Zeichen des Todes für den Menschen. Das weite Feld trägt Dornen und Disteln; Kleider aus Fell sind notwendig, um sich zu schützen. Blick und Gebärde Kains künden bereits den Brudermord an. Also ein Bild der Hoffnungslosigkeit? - Nein, das ist es nicht, was der Künstler uns zeigen will.

Schauen wir genauer hin! Gott läßt aus dem dürren Geäst des Baumes einen grünen Zweig sprießen: ein zwar noch unscheinbares, aber klares Zeichen der Hoffnung. Es wiederholt sich auf menschliche Weise an dem Kind, das sich am mütterlichen Lebensquell nährt: "Seth"; nennt es Eva, "Setzling";. Der Lebensstrom darf weiterfließen. Eva wird die "Mutter aller Lebendigen";. Über allem Guten und Bösen aber wölbt sich das Himmelsblau - Gott schaut huldreich herab. So spiegelt sich dieses Blau auch an den Gewändern der Menschen wider: Gott gibt der Menschheit seinen lebenerhaltenden Segen - das ist ihre Chance .....

Fortsetzung

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 7 des 47. Jahrgangs (im Jahr 1997).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 16.02.1997

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