Als Christ in der Kommunalpolitik
Vorgestellt: Gemeindereferent Norbert Langner
Mit seiner politischen Aktivität begann der Spremberger Gemeindereferent Norbert Langner in der Wendezeit eher zufällig. Bei den Herbstdemonstrationen Ende Oktober 1989 marschierten Jugendliche aus der St.-Benno-Gemeinde in der ersten Reihe mit; ich wollte sie nicht alleine gehen lassen";, erzählt der 45jährige über seinen ersten Anstoß zur Politik.
Betroffen war er von den Worten des Magdeburger Bischofs Johannes Brauns. Er sei der Bischof gewesen, der die Katholiken in der DDR 1989 am deutlichsten dazu aufgerufen habe, sich aus christlicher Verantwortung heraus in das politische Geschehen einzumischen und nicht im gesellschaftlichen Abseits stehen zu bleiben.
Norbert Langner gehörte gemeinsam mit anderen Katholiken dann zu den Mitbegründern des Neuen Forums"; in Spremberg, schließlich gründete er den Demokratischen Aufbruch"; mit. Für diese Partei errang er ein Mandat in der Stadtverordnetenversammlung, deren Vorsitzender er heute ist. Der Gemeindereferent und Familienvater ist gern politisch tätig, und doch will er für die nächste Amtsperiode nicht wieder kandidieren. Eine Pause tut gut, um nicht betriebsblind"; zu werden, sagt er.
Wie macht man christliche Politik, wie setzt man Maßstäbe der christlichen Soziallehre praktisch um? Norbert Langner kennt zwar kein Patentrezept, hat für sich selbst aber einige Grundsätze für eine - wie er selbst sagt - Politik der weißen Weste"; aufgestellt. Dazu gehört, beim Streiten fair zu bleiben, jedem das Recht auf politische Meinungsäußerung einzuräumen und das Gemeinwohl stets über persönliche Interessen zu stellen. Allerdings sei es manchmal gar nicht so leicht zu unterscheiden, ob Gemein- oder Privatinteresse überwögen.
Als Erfolg seiner bisherigen politischen Arbeit sieht er, daß seine kleine Fraktion ein kommunales Kindererziehungsgeld durchgesetzt hat, wenn auch in bescheidener Höhe von 180 Mark. Man habe damit ein Zeichen gesetzt. Auch die Umbenennung einiger Straßen nach der Wende verbucht er auf das Erfolgskonto. Dabei hat er sich bewußt dafür eingesetzt, Namen von Kommunisten, die im Konzentrationslager verstorben sind, nicht auszuwechseln.
Wer sich politisch betätige, müsse Niederlagen einstecken können, betont Norbert Langner. Zu seinen eigenen Niederlagen gehöre, daß die Spremberger Haupteinkaufsstraße nicht in eine Fußgängerzone umgewandelt worden ist. Auch vor Fehlentscheidungen sei niemand sicher, der sich in der Politik engagiere.
Als Kommunalpolitiker sieht er allerdings keine große Gefahr, Entscheidungen zu fällen, die über die Köpfe der Bürger hinweggingen. Viele Bürger kämen mit ihren Anliegen zu ihm ins Büro; ein großer Anteil seiner politischen Aktivität bestehe dabei in politischer Aufklärungsarbeit. Die Politikmüdigkeit, von der allenthalben die Rede ist, sei auch in Spremberg deutlich zu spüren, bedauert Norbert Langner. Allen Parteien mangele es an Nachwuchs, und auch die Christen seien von politischer Lethargie erfaßt. Von den Jugendlichen, mit denen er 1989 bei den Demonstrationen war, sei ein einziger einer politischen Partei beigetreten.
Norbert Langner ist von dieser Entwicklung nicht so überrascht wie andere: In der Wendezeit waren alle gegen etwas, aber gerade von den jungen Leuten konnte niemand sagen, wofür er war";, hat er beobachtet. Zu DDR-Zeiten ist ihm im Religionsunterricht unter anderem aufgefallen, daß viele Schüler ganz normal fanden, was um sie herum passierte. Beispielsweise hätten sie nichts dabei gefunden, daß die Stasi die Post kontrollierte. Seit vergangenem Sommer steht Norbert Langner auf der Referentenliste, die die Jugendseelsorge in Cottbus in ihrem Veranstaltungsplan veröffentlicht hat. Er ist bereit, mit Jugendlichen bei Gruppen- oder Jugendstunden über politische Themen wie Kirchlichkeit und politische Engagement"; oder Kirche und Nationalzialismus"; zu referieren. Bislang hielt sich das Interesse allerdings auch hier in Grenzen.
Dorothee Wanzek
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 23.02.1997