Jetzt 4 Wochen kostenfrei Tag des Herrn lesen!
Bistum Magdeburg

Kirchliche Geldsorgen vor mehr als 100 Jahren

Aus alten Akten der Alsleber Missionspfarrei St. Elisabeth (Teil 1)

Alsleben (dw) - Eine herausragende Gemeinde ist die kleine Elisabeth-Gemeinde in Alsleben noch nie gewesen. Schon Weihbischof Theodor Hubrich freute sich jedoch bei einem Besuch in Alsleben über die für den Magdeburger Raum ungewöhnliche gute Aktenlage"; in der ehemaligen Missionspfarrei:

Neben der Pfarrchronik, die um die Jahrhundertwende einsetzt, gibt ein Korrespondenzbuch, in dem der erste Pfarrer der Gemeinde seinen Briefwechsel aus den sechziger und siebziger Jahren des vorigen Jahrhunderts dokumentierte, detaillierten Aufschluß über verschiedene Aspekte des Gemeindelebens.

In insgesamt vier Teilen wird der Tag des Herrn beispielhaft für andere anhaltische Missionspfarreien über die Geschichte der Elisabeth-Gemeinde berichten. Was beim Blättern in den alten Akten besonders auffällt, ist die bittere Armut der Alslebener Katholiken, von denen immer wieder zu lesen ist. Am 21. Juni 1861 unterzeichnete der Paderborner Bischof Konrad Martin die Errichtungsurkunde der Alslebener Missionspfarrrei. Als Bedingung hatte er gestellt, daß die Gemeinde selbst für das Pfarrergehalt aufkommen muß.

Der erste Pfarrer, Carl Becker, berichtete einige Monate später, daß nur zwei wohlhabende Familien zu den vier bis fünfhundert Gottesdienstbesuchern im Sommer bzw. zweihundert im Winter gehörten. Einige Jahre später bezeichnete er die Gemeinde gar als eine der ärmsten der norddeutschen Diaspora"; und wies unter anderem auf die hohe Kindersterblichkeit hin. In ganz Deutschland verschickte er Bettelbriefe und veröffentlichte Zeitungsannoncen in Köln, München, Freiburg und Augsburg mit der Bitte um Unterstützung für den Bau einer Kirche.

Der Pfarrer lebte ebenso wie der katholische Lehrer von den Zuwendungen einiger adliger Spender, die unter Leitung des Zentrumsparlamentariers Herrmann von Mall../../inckrodt eigens zur Unterstützung der Alslebener Katholiken die Einigung St. Elisabeth"; gegründet hatten. Als Gegenleistung für ihre vielfältigen Unterstützungen - unter anderem bezahlten sie auch die Miete für den Gottesdienstraum - erwarteten sie, daß jährlich eine Messe für ihr Seelenheil"; gelesen würde und daß die heilige Elisabeth Patronin einer künftigen Pfarrkirche würde. Trotz der Großzügigkeit der Förderer waren die Gehälter alles andere als üppig. In Pfarrer Beckers Bericht von 1865 heißt es:

Der Lehrer bezieht ein Gehalt von 150 Thalern. Dasselbe ist unter den hiesigen Verhältnissen durchaus unzureichend, zumal da von den 150 Thalern noch 20 für Miete abgehen, so daß nur 130 bleiben. Nicht bloß, daß der Lehrer von jener Summe nichts erübrigen kann, um ein Buch oder ein neues Kleidungsstück anzuschaffen, sondern nicht einmal zur Bestreitung der notwendigsten Lebensbedürfnisse von Speise und Trank ist dieselbe ausreichend, so daß der Lehrer oft wochenlang Hunger leiden muß und oft Monate lang nur trockenes Brot zum Kaffee hat.";

Für zehn Thaler im Monat plus Kost und Logis hat sich dem Bericht des Pfarrers zufolge eine Frau als Haushälterin angeboten.

(wird fortgesetzt)

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 8 des 47. Jahrgangs (im Jahr 1997).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 23.02.1997

Aktuelle Empfehlung

Der TAG DES HERRN als E-Paper - Jetzt entdecken!

Aktuelle Buchtipps