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Aus der Region

Mauern des Misstrauens abtragen

Fünf Jahre "Partnerschaftsaktion Ost"

Magdeburg (dw) - Auf tiefes Mißtrauen stoßen Heiner Hesse und seine Reisebegleiter immer wieder, wenn sie Menschen in Rußland oder Weißrußland ihre Hilfe anbieten. Daß jemand selbstlos, ohne missionarische oder wirtschaftliche Hintergedanken in ihr Land reist, halten die Osteuropäer nach allen bisherigen Erfahrungen kaum für möglich. Aufrichtige Beziehungen zwischen Menschen in Deutschland und Osteuropa zu fördern, sei aber gerade das Hauptanliegen der Partnerschaftsaktion Ost, sagte ihr Geschäftsführer Heiner Hesse bei einer Pressekonferenz zum fünfjährigen Bestehen der Aktion im Bistum Magdeburg. Um Vertrauen aufzubauen, scheint es ihm deshalb wichtig, es nicht bei einmaligen Kontakten bewenden zu lassen. Dazu ermutigt er ostdeutsche kirchliche Gemeinden und Initiativen, deren Partnerschaftsarbeit er unterstützt. Für seine selbstorganisierten Fahrten hat er sich Moskau und Tutajew an der Wolga als regionale Schwerpunkte ausgewählt. In Moskau hat er unter anderem eine orthodoxe Schwesterngemeinschaft als verläßlichen und staatlich anerkannten Partner für humanitäre Hilfe gefunden, in Tutajew eine Selbsthilfeorganisation kinderreicher Familien.

Von anderen, nichtkirchlichen Hilfsorganisationen wie der Magdeburger Hilfe für Plovdiv"; unterscheide die Aktion des Bistums Magdeburg zum Beispiel, daß keine wirtschaftlichen Interessen mit den Hilfsprojekten verknüpft seien. Auf seine Fahrten in die ehemals sowjetischen Staaten nimmt Heiner Hesse nur Geschenke mit und Güter, die im Empfängerland nicht zu beschaffen sind. Für Spendengelder werden grundsätzlich keine westlichen Waren gekauft, sondern Produkte, die in Osteuropa hergestellt wurden.

Spenden in Höhe von 726 000 Mark standen der Partnerschaftsaktion Ost bisher zur Verfügung, seitdem sie 1992 in Folge eines Aufrufes des Magdeburger Bischofs, des Katholikenrates und der Caritas der Diözese gegründet wurde. Der größte Anteil entstammte der Gründonnerstagskollekte im Bistum Magdeburg. Hinzu kommen Sachspenden in Millionenhöhe.

Im Vergleich zu den großen kirchlichen Hilfswerken und im Blick auf die Not in Osteuropa sind diese Geldsummen eher verschwindend. Der Partnerschaftsaktion Ost, die zum Magdeburger Seelsorgeamt gehört, geht es jedoch in erster Linie darum, den Osteuropäern Zeichen zu setzen, daß sie in Deutschland nicht vergessen sind. Zu den wesentlichen Aufgaben, die sich Heiner Hesse und seine zumeist ehrenamtlichen Helfer gesetzt haben, gehört es, in Deutschland für die Ziele der Aktion zu werben. Sie nutzen Veranstaltungen wie den Katholischen Kongress in Hildesheim oder den Sachsen-Anhalt-Tag, um Christen und Nichtchristen mit Informationsständen auf die Lebensbedingungen vieler Osteuropäer aufmerksam zu machen. Ende Januar hat Heiner Hesse in allen Klassen einer Magdeburger Grundschule eine Unterrichtsstunde gehalten. Die Kinder interessierten sich sehr dafür, wohin die Weihnachtsgeschenkpäckchen gelangt sind, die sie der Partnerschaftsaktion im Dezember mit nach Weißrußland gegeben hatten. Auf diese Weise würden den Schulkindern Werte wie die Achtung fremder Kulturen oder eine solidarische Lebensweise nähergebracht, glaubt Hesse. Außerdem will er mit derartigen Einsätzen einen Beitrag leisten zum Abbau ostdeutscher Vorbehalte gegen Katholiken.

Auch unter den orthodoxen Christen gibt es viele Vorbehalte gegen Katholiken. Die Partnerschaftsaktion unterstützt bewußt orthodoxe seelsorgliche und soziale Projekte. In dieser Woche wird Heiner Hesse nach Weißrußland aufbrechen. Dem zuständigen Metropoliten Filaret hat er kurz vor Reisebeginn angeboten, den Wiederaufbau einer Kirche in Zaslavie bei Minsk zu unterstützen, die von Satanisten in Brand gesteckt wurde.

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 9 des 47. Jahrgangs (im Jahr 1997).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 02.03.1997

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