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Bistum Görlitz

"Ein Herz für die Not des anderen"

Bischof Müller ermutigt zur Organspende

Cottbus / Hamburg (ks / kna) - Der Deutsche Bundestag wird in Kürze festlegen, ob nur der Spender selbst oder auch seine Angehörigen über eine mögliche Organentnahme entscheiden können. Bisher kamen in der öffentlichen Debatte um das Organtransplantationsgesetz eher die Befürworter einer erweiterten Zustimmungslösung zu Wort, derzufolge auch Angehörige über eine Organentnahme entscheiden können.

So auch am 12. Februar bei einem Diskussionsforum in Cottbus. Die Juristen, Politiker, Mediziner und Kirchenvertreter, die Dr. Josef Horntrich, der ärztliche Direktor des Cottbuser Carl-Thiem-Klinikums, eingeladen hatte, plädierten einhellig für die erweiterte Lösung"; und appellierten an die Bereitschaft der Bevölkerung zur Organspende.

Organspende ist ein Akt der Nächstenliebe, selbst im Tod kann man noch Liebe verschenken”, sagte Professor Peter Stosiek, der leitende Pathologe am Carl-Thiem-Klinikum. Würde die enge Zustimmungslösung Gesetz, wäre nach Dr. Horntrichs Ansicht die Transplantationsmedizin in Deutschland erledigt";. Bischof Rudolf Müller forderte einen Gesinnungswandel in Fragen der Organspende. Solidarität habe ein Herz für die Not des anderen";.

Der Streit um das Organtransplantationsgesetz entzündet sich nicht zuletzt an der Frage, nach welchen Kriterien der Tod eines Menschen festgestellt wird. Die Diskussionsteilnehmer in Cottbus sprachen sich einhellig dafür aus, den Hirntod zum sicheren Zeichen"; des Todes zu erklären. Auch die Päpstliche Wissenschaftliche Akademie vertrete Bischof Müller zufolge diese Interpretation.

Kontroverser ging es am vergangenen Wochenende bei einer Diskussionsveranstaltung der Katholischen Akademie Hamburg zu. Hier überwogen diejenigen, die wie der Internist Paolo Bavastro aus Filderstadt meinen: Ein Sterbender ist noch kein Toter"; und daher für eine enge Zustimmungslösung bei der Organentnahme plädieren.

Ein wichtiges Argument ist für sie, daß eine hirntote Frau noch schwanger werden und ein hirntoter Mann noch Sperma produzieren kann. Bavastro hält das Argument von Transplantationsmedizinern für Erpressung, im Fall der engen Zustimmung würden in Deutschland keine Organe mehr gespendet. Auch Bundesjustizminister Edzard Schmidt-Jorzig (FDP) hält an der engen Zustimmungsregelung fest. Der Politiker kann sich nicht vorstellen, daß menschliches Leben mit dem Hirnversagen zu Ende ist. Der Verfassungsrechtler Hans-Ullrich Gallwass vertrat die Ansicht, die Mediziner hätten beim Hirntod den Todeszeitpunkt vorverlegt. Der verfassungsrechtliche Schutz der sprachlos gewordenen Hirntoten müsse verbessert werden. Mit Gallwass stimmten der Justizminister und die Theologen - der Tübinger Sozialethiker Dietmar Mieth und der Hamburger Weihbischof Hans-Jochen Jaschke - darin überein, daß die Definition des Todes nicht allein den medizinischen Praktikern überlassen bleiben sollte und es weder die Pflicht noch das Recht eines Menschen auf eine Organspende geben könne.

Dietmar Mieth schlug die Einführung eines Modells vor, nach dem nur potentielle Organspender das Recht auf den Empfang einer Organspende haben. Zusätzlich könne ein Organspender seine Bereitschaft zur Spende auch an andere bekunden. Nur wenn dieser Vorschlag undurchführbar sei, sollte nach Ansicht des Theologen die enge Zustimmungslösung eingeführt werden.

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 9 des 47. Jahrgangs (im Jahr 1997).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 02.03.1997

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