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Bistum Erfurt

Kunst und Kirche - ein zwiespältiges Verhältnis?

Ansichten von Kirche aus Sicht von Künstlern

Erfurt (tdh) - Wie steht es heute um das Verhältnis zwischen Kirche und Kunst? Dieses Thema stand am 5. März im Mittelpunkt der beiden Priesterkonferenzen in Erfurt am Vormittag (für die Diaspora) und in Heiligenstadt am Nachmittag (für das Eichsfeld ). Indem dieser Frage nachgegangen wurde, sollte zugleich zur Sprache kommen, wie die Kirche Thüringens von nichtkirchlichen Vertretern in der Region - in diesem Fall aus der Perspektive der Kunst her - erlebt und gesehen wird, wie Seelsorgeamtsleiter Rat Gerhard Stöber einleitend erläuterte. Dazu eingeladen hatte er den Intendanten und Generalbeauftragten für das Kunstfest in Weimar 1999, Bernd Kauffmann, den Dozenten Dr. Michael Gabel vom Philosophisch-Theologischen Studium sowie den Leiter des Bischöflichen Bauamtes, Ordinariatsrat Wolfgang Lukassek

Bernd Kauffmann stellte in seinem Eingangsstatement ein grundsätzlich mangelndes Interesse der Kirche an einem Austausch mit den Künstlern heraus, obwohl sich diese, so der Referent, - genauso wie etwa auch Geistliche - "mit den Leiden dieser Welt auseinandersetzen". Während es im Mittelalter ein selbstverständliches Miteinander und eine Förderung der Kunst durch die Kirche gegeben habe, vermisse er heute sowohl wohlwollende Hinweise und Gesten als auch kritische Auseinandersetzungen seitens der Kirche, sagte Kaufmann vor rund 50 Seelsorgern in Erfurt. Moderne Kunst stehe im Museum und nicht in der Kirche. Sie werde von der Kirche weithin einfach nicht wahrgenommen, zumal sie den Zeitgeist als verderbt erlebe. Nach Auffassung Kauffmanns zieht sich die Kirche immer mehr in ihr Gehäuse zurück

Dagegen verwies Pfarrer Gregor Arndt aus Mühlhausen auf gelungene Beispiele eines Dialogs der Kirche zum Beispiel mit Joseph Beuys. Auch im ostdeutschen Raum habe es eine produktive Auseinandersetzung etwa zwischen Gemeinden und Friedrich Press oder zwischen Theologiestudenten und der Eisenacher Künstlerin Katharina Volbers gegeben. Dechant Walter Hentrich aus Weimar forderte die Künstler auf, von kirchlichen Vertretern angebotene Kontakte vorurteilsfrei anzunehmen

Bernd Kauffmann, der auch Präsident der Stiftung Weimarer Klassik und Geschäftsführer in Sachen Kulturhauptstadt Weimar (1999) ist, warb für eine Koalition aller, denen es wirklich um den Menschen geht. Selbst wenn Kunst und Kirche heute unterschiedliche Antworten anböten, würden sie auf dem Hintergrund der menschlichen Erfahrungen die gleichen Fragen stellen nach dem Sinn, nach der Zukunft, nach Gefahren für das Menschsein. In einer "sich absolut zersetzenden und wölfischen Welt", in der es nur um Marktanteile einerseits und Genuß und Spaß andererseits gehe, gebe es allen Grund für eine Koalition

Aus der Sicht des Leiters des Bauamtes, Rat Wolfgang Lukassek, hat "eine Vermittlung der Kunst des 20. Jahrhunderts ins Bewußtsein der Gläubigen nicht stattgefunden". Gemeinden und die einzelnen Gläubigen trauerten häufig früheren Zeiten mit ihrer Bild- und Formenwelt nach. Ursache für das Auseinanderdriften von heutiger Kunst und ihrem Gebrauch im liturgischen Rahmen sei aber auch die Tatsache, daß sich die meisten Künstler nicht für eine bestimmte Idee, also auch nicht durch die Kirche, in Dienst nehmen lassen wollen, sondern ihre Autonomie betonten. Zudem seien viele Gemeinden mit dem Erhalt historischer Bausubstanz befaßt. Bei Neubauten gebe es jedoch durchaus gelungene Beispiele der Einbeziehung moderner Kunst. Allerdings sei es manchmal gar nicht so einfach, zu entscheiden, was ein Kunstwerk und was keines ist, so der Bauamtsleiter

Dr. Michael Gabel vom Philosophisch-Theologischen Studium wieß darauf hin, daß echte Kunst immer der Versuch sein müsse, das Unsagbare, also etwa Hoffnung, Liebe, Gott, auszudrücken. "Dort, wo ein angeblicher Kunstgegenstand Ausdruck eines Zwanges ist, ist er ein Machwerk", sagte der Dozent für Fundamentaltheologie und Religionswissenschaft. Gerade in der DDR sei deutlich geworden, daß Kunst, die sich durch eine Ideologie beeinflussen läßt, sich selbst verrät. - Im Rahmen des Nachdenkens im Bistum über Situation und Aufgabe der Kirche in Thüringen werden sich in diesem Jahr noch weitere Veranstaltungen mit der Sicht der Kirche von außen geschäftigen.

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 11 des 47. Jahrgangs (im Jahr 1997).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 16.03.1997

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