Scientology im Aufwind ?
Bund Katholischer Unternehmer informierte
Dresden (he) - "Scientology # Gefahr für Wirtschaft und Gesellschaft(?)" zu diesem Thema veranstaltete die Dresdner Gruppe des Bundes Katholischer Unternehmer (BKU) eine öffentliche Podiumsdiskussion zusammen mit Fachleuten und Betroffenen. Dresdens BKU-Vorsitzender Christoph Hille verwies zu Beginn auf einen Ministeriumsbericht vor dem Sächsischen Landtag, nach dem die wirtschaftlichen Aktivitäten von Scientology keiner besonderen Überwachung unterliegen. Dies empfinde er angesichts der Praktiken der Sekte als äußerst bedenklich.
Der Fachreferent, Michael Haupt, vom Arbeitskreis Neue Jugendreligionen in Berlin informierte zunächst über das Denkgebäude von Scientology, das auf den amerikanischen Science#Fiction#Autor L. Ronald Hubbard zurückgeht. Vorgebliches Ziel sei es, den Menschen zu "völliger geistiger Freiheit" zu führen, was angeblich durch Kurse, Therapien und Seminare erlernt werden könne. Dabei gehe es aber, so Haupt, ganz offensichtlich weniger um geistige Freiheit oder sonstige Werte, sondern in erster Linie um Geld.
Nach einem kostenlosen sogenannten "Persönlichkeitstest", der 200 banale Fragen umfasse und meist ein ungünstiges Bild der Interessenten zeichne, werde eine Kursspirale ohne Ende angeboten. Die Kosten für jeden neuen Kurs stiegen dabei dramatisch. Koste ein Anfängerkurs noch 80 Mark so werde nach einigen weiteren Stufen 10 000 Mark und mehr verlangt. Für das sogenannte "OT#Power# Package" seien Preise bis 268 000 Mark verlangt worden.
Zweifelhaft ist dabei vor allem die Praxis der Sekte, ihre Kurse nicht wie eine normale Dienstleistung gegen feste Gebühren anzubieten, sondern gegen sogenannte Spenden. Dadurch könne man in der Regel nicht auf eine Rückerstattung eines entrichteten Betrages klagen. Besonders problematisch sei aber auch, daß die Mitglieder von Scientology in starker psychischer Abhängigkeit gehalten werden. So erhielten Aussteiger häufig eine offizielle "Feind-Erklärung". Da in den Kursen und Seminaren viele persönliche Dinge zur Sprache kämen, könnten Aussteiger sehr stark unter Druck gesetzt werden. Noch fataler wirke sich eine finanzielle Abhängigkeit aus, wenn Interessenten angeboten werde, die Gebühren für Kurse und Seminare in Scientology eigenen Unternehmen abzuarbeiten. Der eigene Arbeitsplatz werde dann häufig gekündigt, so daß die Betroffenen dann keinerlei Rückhalt mehr außerhalb der Sekte hätten.
Seit Anfang der 80er Jahre, so Haupt, betreibe Scientology einen aggressiven Übergang in den Wirtschaftsbereich. Es werde versucht, in die Führungsebenen von Unternehmen einzudringen, die dann die eigenen Mitarbeiter massiv zur Belegung von Kursen drängen sollen. Betroffen seien vor allem die Computer# und Immobilienbranche.
Allein in Deutschland gebe es schätzungsweise 150 Firmen, die Scientology nahestünden darunter zum Beispiel auch "ZIEL", ein Unternehmen, das Nachhilfeunterricht für Schüler anbiete und so deren Eltern als neue Kursteilnehmer werbe.
Frau Ursula Nietsche, die Vorsitzende der Elterninitiative Betroffener in Sachsen e.V., berichtete anschließend über ihre sechswöchige Erfahrung mit Scientology. Ihr Einstieg begann mit einer Bewerbung auf ein Stellenangebot für eine angebliche Tätigkeit im sozialen Bereich. Dafür sollte sie zunächst zahlreiche Seminare belegen und geriet schnell in eine finanzielle und psychische Abhängigkeit. Kurse wie das sogenannte "Auditing" schilderte sie als eine Art Gehirnwäsche, in der versucht wurde, alle Kontakte nach außerhalb zu zerstören. Wegen der äußerst feindseligen Haltung von Scientology#Mitgliedern nach ihrem Ausstieg habe sie längere Zeit unter Angstzuständen gelitten. Sie könne nur jeden warnen, sich auf einen Kontakt mit Scientology einzulassen.
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 23.03.1997