Auch Straffällige gehören zur Gesellschaft
Justizministerin Schubert in Glüsig
Glüsig (mh) - Doppelte Freude kürzlich im Gut Glüsig: Zum einen erhält das von der Caritas für das Dekanat Magdeburg betreute Projekt die Anerkennung als Ausbildungsstätte für Tier- und Landwirte. Zum anderen besuchte Sachsen-Anhalts Justizministerin Karin Schubert (SPD) die Einrichtung. Unter denen, die in Glüsig arbeiten -zur Zeit 35 Frauen und Männer -, befinden sich auch immer wieder Haftentlassene und Freigänger (Häftlinge auf Ausgang) aus der Magdeburger Justizvollzugsanstalt. Außerdem unterstützt das Ministerium das Projekt finanziell.
Solche Einrichtungen seien wichtig, betonte die Ministerin, "denn auch Straffällige gehören zu unserer Gesellschaft." Es gebe zu wenige, die sich mit den Folgen verpaßter Erziehung auseinandersetzen. Sie sei froh, daß die Kirche sich hier engagiere. Und mit Blick auf Gut Glüsig: "Wer sich um Tiere und Lebensmittel kümmert, der wird sich auch wieder um seine Mitmenschen kümmern und Verantwortung übernehmen."
Einen Wermutstropfen allerdings gibt es: Im Zusammenhang mit dem geplanten Übergangswohnheim gibt es Probleme. Caritas-Geschäftsführer Hans Könecke: "Die Einwohner haben große Angst vor Haftentlassenen. Deshalb kann das Heim nicht für die Rehabilitation ehemaliger Gefangener genutzt werden." Auch wenn sie nicht in Glüsig wohnen werden, sollen Entlassene und Freigänger weiter hier arbeiten. Die Ministerin hat einen Rat für die Einwohner: "Kommen Sie, machen Sie mit, und sehen Sie, was für Leute das sind. Dadurch werden Sie Ihre Ängste verlieren."
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 23.03.1997