Zeit für das Gespräch
Telefonseelsorge sucht weitere Mitarbeiter
Bautzen (de / tdh ) - Das Telefon klingelt. Für einen Moment die Frage: "Kann ich dem, was jetzt auf mich zukommt, gerecht werden?" Die Aufregung legt sich, als das Gespräch langsam zu fließen beginnt. So oder ähnlich durchlebte fast jeder ehrenamtliche Mitarbeiter seine ersten Dienste am Telefon. Die Angst, vier Stunden allein im Dienstzimmer zu sitzen - allein mit den Problemen der Anrufer - ist am Anfang groß. Inzwischen haben die Mitarbeiter vieles gelernt, über sich selbst, über die Menschen um sie herum und wie mit Krisensituationen im eigenen und auch im Leben anderer umgegangen werden kann. Dennoch, jeder Mensch, jeder Anruf, jedes Problem hat seine eigene Prägung. Gut, wenn keine Routine aufkommt, die die Gefahr des Nichtverstehens und der Oberflächlichkeit in sich birgt
Seit November 1996 gibt es die Telefonseelsorge Oberlausitz. Das Telefon des Vertrauens, aus dem die Telefonseelsorge hervorgegangen ist, nahm jedoch schon 1991 seinen Dienst auf. Immer wieder wird die Frage gestellt: "Warum dieser Namenswechsel?" und "Klingt Telefonseelsorge in unserem Bereich nicht zu kirchlich für viele Menschen?" Es stimmt, daß die Arbeit der Telefonseelsorge in der Hauptsache an kirchliche Träger gebunden ist, aber ebenso auch von Kommune und Landkreis getragen wird. Durch den Beitritt des Telefons des Vertrauens in den Dachverband der Telefonseelsorge in Deutschland wurde für die Anrufer die Möglichkeit eröffnet, mit der Sonderrufnummer 111 01 in verschiedenen Ortsnetzen zeittaktbefreit anrufen zu können. Da hier der Telefonseelsorgestelle finanzielle Grenzen gesetzt sind, konnten erst die Schwerpunktbereiche Bautzen, Kamenz und Löbau angeschlossen werden, denen Weißwasser, Hoyerswerda, Görlitz und Zittau folgen sollen. Da die Telekom für alle Anruferinnen und Anrufer ab 1. Juli 1997 die Gebühren übernimmt, tritt auf diesem Gebiet eine große Entlastung ein
Die inhaltliche Ausrichtung in der Telefonseelsorge ist es, für Menschen da zu sein, die sich in schweren Lebenslagen, Konflikt- und Krisensituationen befinden und einen Gesprächspartner suchen. Es geht darum, Hilfe zur Selbsthilfe zu geben. Das heißt, dem Gesprächspartner eine Klärung seiner Gefühle, Wünsche, und Wertvorstellungen zu ermöglichen und ihn dadurch in die Lage zu versetzen, selbst eine für Ihn angemessene Lösung seiner Probleme zu finden. Dabei ist es oftmals sehr wichtig, mit jemanden zu sprechen, der Zeit und die Erfahrung hat, so ein Gespräch zu führen. Hinzu kommt einer der wichtigsten Grundsätze der Arbeit: Wahrung der Anonymität. Stellt sich im Gespräch heraus, daß Hilfe durch eine soziale, psychologische oder medizinische Einrichtung nötig ist, so steht eine umfangreiche Kartei für diese Angebote zur Verfügung. Im Jahr 1997 erwartet die Telefonseelsorge rund 2000 Anrufe, wobei durch den Wegfall der Gebühren mit einem Anstieg der Anruferzahl zu rechnen ist. Schon jetzt wird deutlich, daß, wie auch im vergangenen Jahr, Erziehungsproblematiken; Partner, Eltern, Familien; Vereinsamung; psychische und körperliche Krankheiten und Arbeitslosigkeit häufige Gesprächsinhalte sind
Die Telefonseelsorge ist ein Angebot für alle Menschen in schwierigen Situationen, wo persönliche Überzeugungen vordergründig keine Rolle spielen. Deutlich wird dies auch an der Mitarbeiterschaft, in der Christen und religiös nicht gebundene Menschen vertreten sind. Eine enge Zusammenarbeit gibt es mit dem Sorgentelefon für Kinder und Jugendliche in Löbau. Neben der Unterstützung im Dienstbereich ist eine gemeinsame Ausbildung geplant. Da in einigen Jahren die Dienstzeit der Telefonseelsorge von täglich 12 bis 24 Uhr auf den 24 Stunden- Dienst erweitert werden soll, beginnt ab Mai 1997 ein neuer Ausbildungskurs
Kontakte: Interessenten wenden sich bitte bis zum 15. April an die Telefonseelsorge Oberlausitz PSF 1903 in 02609 Bautzen. Telefon: Bitte rufen Sie in der Zeit von 14 bis 15 Uhr unter 03591 / 749 00 51 an
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 30.03.1997