Finanzielle Unterstützung sozialer Anliegen
50 Jahre Vereinigte Kirchen- und Klosterkammer
Erfurt (ep) - Zumindest in den neuen Bundesländern ist die in Erfurt ansässige Vereinigte Kirchen- und Klosterkammer (VKK) schon etwas Besonderes. Mit einem Besitz von 1340 Hektar Ackerland und 217 Hek-tar Wald soll die Stiftung ihrer Satzung gemäß verantwortlich wirtschaften, um mit dem Ertrag "ausschließlich gemeinnützige, mildtätige und kirchliche Zwecke" zu unterstützen: Erfurter Suppenküche und Projekte des Malteserhilfsdienstes, konfessionelle Kindertageseinrichtungen und Sozialstationen erhalten von der VKK Zuschüsse. Aber auch eine kirchliche wissenschaftliche Bibliothek oder ein Student sind von der Stiftung öffentlichen Rechts schon unterstützt worden
In diesen Tagen besteht die VKK 50 Jahre. Sie wurde am 26. März 1947 mit einem Dekret durch den damaligen Thüringer Justizministers Helmut Külz (LDP) ins Leben gerufen. Die materielle Grundlage für das kulturelle und soziale Wirken der VKK bildet ein Stiftungsvermögen, das jedoch viel älter ist. Es reicht mit der Stiftung des Collegium majus bis in das Jahr 1416 zurück. In dem Colleg fanden mittellose Studenten der Erfurter Universität eine Unterkunft.
Der weitaus größte Teil des heutigen Stiftungsvermögens stammt aus der Zeit Anfang des 19. Jahrhunderts, als der Preußische Staat als Entschädigung für linksrheinisch verlorengegangene Gebiete den Besitz zahlreicher Klöster und Kirchen einzog (Reichsdeputationshauptschluß von 1803). Ein Teil der Ländereien der Klöster und Kirchen der Erfurter Region wurde bei der Säkularisation einem Kirchen- und Schulfonds zugeschlagen. Diesen Fonds und weitere 14 Stiftungen und Vermächtnisse faßte Justizminister Külz zu der noch heute bestehenden Vereinigten Kirchen- und Klosterkammer zusammen. Und zwar so, daß die Erträge kirchlichen und zwar zu 60 Prozent katholischen und zu 40 Prozent evangelischen Einrichtungen zuzuleiten seien. Damit wurde der Kammer als Stiftung öffentlichen Rechts ein hohes Maß an Selbständigkeit und Unabhängigkeit gegenüber staatlichem Zugriff zuerkannt.
"Dieser Ansatz trug wesentlich dazu bei, daß es in der DDR-Zeit zwar peinliche Zugriffe der Bezirksbehörden gab, die Kammer jedoch in ihrer Existenz nicht bedroht war", schätzt VKK-Präses Dr. Gottfried Müller ein. Einige "Filetstücke" von insgesamt 50 Hektar wie etwa das Gelände der Erfurter Gartenbauausstellung und die Fläche des Erfurter Flughafens mußte die Kammer an die DDR zwangsverkaufen. Dennoch konnten aus den Erträgen des verbleibenden Besitzes immerhin insgesamt sechs Millionen DDR-Mark in kirchliche Projekte fließen
"Doch richtig ertragreich ist die Stiftung erst nach der Wende geworden", sagt Präses Dr. Müller, der der Kammer seit zwei Jahren vorsteht und von 1990 bis 94 Präsident des Thüringer Landtages war. Erst mit der Vergabe von Grundstücken an Pächter oder im Erbbaurecht seien die Einnahmen deutlich gestiegen. So sind inzwischen 314 Grundstücke für Wohnzwecke und weitere 40 für gewerbliche Zwecke in Erfurt und Umgebung vergeben worden. Weitere Vergaben sind geplant. Aus Erträgen konnten im Jahr 1995 immerhin 1,2 Millionen Mark verteilt werden. Präses Müller: "Wir unterstützen vor allem solche Anliegen und Projekte, bei denen es um das Wohl des konkreten einzelenen Menschen geht."
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 06.04.1997