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Bistum Görlitz

Bistum soll noch familiärer werden

Erste Bilanz des Seelsorgeamtsleiters

Frage: Seit einem Jahr leiten Sie das Seelsorgeamt des Bistums Görlitz. Welche Akzente haben Sie in dieser Zeit zu setzen versucht

Hoffmann: Unser Bistum ist sehr klein. Oft sagen wir, es sei familiär. Mir ist es ein großes Anliegen, den familiären Charakter des Bistums stärker mit Leben zu füllen, möglichst viele Gruppen und einzelne Katholiken untereinander bekannt zu machen und in Verantwortung einzubeziehen

Schwerpunkte der Arbeit im vergangenen Jahr waren die Pastoralkonferenz und die Bistumswallfahrt. Bei der Wallfahrt haben wir beispielsweise versucht, viele Gemeinden aktiv zu beteiligen. Meiner Mitarbeiterin, Frau Rausch, und mir war es wichtig, im vergangenen Jahr viel im Bistum unterwegs zu sein, um selber die Gemeinden und Gruppen kennenzulernen.

Frage: Zurückgehende Katholiken- und Priesterzahlen machen sich in einem ohnehin schon kleinen Bistum besonders bemerkbar

Wie reagiert das Seelsorgeamt auf diese derzeitige Entwicklung

Hoffmann: Ganz wichtig scheint es mir, die Eigenverantwortung der Gemeinden in der Pastoral zu stärken. Gemeinsam sollte vor Ort überlegt werden: Was können wir selber tun? Ich habe den Pfarrgemeinderäten angeboten, die Sonntagsvertretung des Pfarrers zu übernehmen, wenn sie sich mal ein ganzes Wochenende Zeit nehmen wollen, um über die eigene Gemeinde nachzudenken und die Gemeinschaft untereinander zu stärken

Im diesjährigen Jahresplan des Seelsorgeamtes finden sich verschiedene Angebote für ehrenamtliche Mitarbeiter. Zum Beispiel haben wir all diejenigen eingeladen, die in den Gemeinden pastoral aktiv werden, etwa in der Sakramentenvorbereitung helfen, die Religiösen Kinderwochen mitgestalten und so weiter. Das wichtigste ist, daß sie sich gegenseitig ermutigen und ihre Erfahrungen austauschen. Zum Programm gehört dann auch liturgisch-geistliche Bildung. Wenn ein theologisches Fundament fehlt, verliert man leicht den Sinn seines Tuns aus dem Blick. Ein ähnliches Treffen für Küster hat bereits stattgefunden. Natürlich kann auf ehrenamtlicher Basis nicht alles geschehen. Wir sollten versuchen, das bestehende Netz der gemeindeübergreifenden Zusammenarbeit zwischen den Hauptamtlichen zu verdichten

Frage: Werden diese Anliegen im Bistum Görlitz von vielen geteilt oder fühlen Sie sich eher als "einsamer Vorkämpfer"

Hoffmann: Es geht mir überhaupt nicht darum, alles zu verändern, was die Gemeinden vor meiner Zeit als Seelsorgeamtsleiter geprägt hat. Ich möchte auch auf gar keinen Fall von oben herab agieren. Bei der Pastoralkonferenz haben die Priester und Gemeindereferentinnen gemeinsam überlegt, wie es in unserem Bistum aussieht, was verbesserungsbedürftig ist und wie man etwas ändern könnte. Vertreter aller katholischen Gremien geben zu den dort herausgearbeiteten Anregungen ihre Stellungnahmen ab. Der Jahresplan des Seelsorgeamtes ist ebenfalls nicht im Alleingang entstanden.

Frage: Wirken sich die derzeit knappen Kirchenkassen auch auf Ihre Arbeit aus

Hoffmann: Mir scheint es wichtig, daß wir uns nicht vom Geld diktieren lassen. Die erste Frage muß lauten: Was ist für die Seelsorge wichtig? Natürlich dürfen wir auch nicht weltfremd sein und müssen dann sehen, was machbar ist. Doch das darf erst der zweite Schritt sein

Eine derart optimistische Grundstimmung prägte übrigens auch die Pastoralkonferenz. Obwohl wir die Wirklichkeit ungeschönt in den Blick genommen haben, überwog die Zuversicht, vielleicht auch, weil wir den Blick eher auf kleine Schritte gelenkt haben. Große Visionen bringen schnell Frust.

Frage: Seit der Bistumsgründung wird immer wieder auf die Brückenfunktion zwischen deutschen und polnischen Katholiken hingewiesen, die Görlitz übernehmen soll. Bisher haben aber die wenigsten Gemeinden lebendige Kontakte nach Polen. Sehen Sie eine Chance, das zu verändern

Hoffmann: Das Haupthindernis sehe ich in der Sprachbarriere, nicht etwa in gegenseitigen Vorbehalten. Ich habe unsere polnischen Nachbarn im Herzen, sehe aber immer auch dieses Problem, das einen wirklichen Austausch erschwert. Es gibt regelmäßige Kontakte zwischen den Gemeinden der Grenzstädte. Der Bischof und einige Priester lernen Polnisch. Ich könnte mir gut vorstellen, zur Bistumswallfahrt im kommenden Jahr auch polnische Gruppen einzuladen

Interview: Dorothee Wanzek

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 14 des 47. Jahrgangs (im Jahr 1997).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 06.04.1997

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