Hilfe aus Görlitz bleibt gefragt
Jahrestag der Rückgabe der St. Petersburger Herz-Jesu-Kirche
Cottbus / St. Petersburg (tdh) - Zum ersten Jahrestag der Rückgabe der St. Petersburger Herz-Jesu-Kirche an die katholische Gemeinde am 5. April besuchte der Cottbuser Caritas-Mitarbeiter Johannes Brosdetzko die St. Petersburger Katholiken
Der Leiter Bau und Beschaffung beim Caritasverband der Diözese Görlitz nahm an einem Festakt teil, zu dem auch die französischen, deutschen und polnischen Generalkonsuln, Vertreter der evangelischen Kirche und der Stadtverwaltung sowie Zeitzeugen eingeladen waren, die vor über sechzig Jahren schon zur Gemeinde gehört hatten und die nun von ihren Erinnerungen erzählten
1937 war die Kirche von den Kommunisten beschlagnahmt und umgebaut worden: Vier Büro- und Wohngeschosse wurden damals in das Kirchengebäude eingezogen. Die untere und die Hälfte der obersten Etage kann jetzt von der Gemeinde genutzt werden
Unter Leitung des Görlitzer Priesters Hartmut Kania, der seit 1991 Pfarrer der Herz-Jesu-Gemeinde und Caritasdirektor für die Petersburger Region ist, wurde die untere Etage in den vergangenen Monaten saniert. Ein Versammlungs- und ein Jugendraum, eine Caritas-Beratungsstelle und eine Sozialstation mit Apotheke sind in dieser Etage untergebracht. Im noch unsanierten Dachgeschoß befindet sich der Gottesdienstraum
Zu den intensivsten Eindrücken, die Johannes Brosdetzko während seines fünftägigen Besuches in St. Petersburg sammelte, gehörte eine Besichtigung des Caritas-Kleiderlagers, das Pfarrer Kania eingerichtet hat. Seit 1992 werden hier Kleiderspenden aus der Diözese Görlitz und aus anderen Teilen Deutschlands sortiert und an Bedürftige der Stadt verteilt
"Die Verteilung der Kleider läuft sehr gerecht und korrekt ab", berichtete Brosdetzko nach seiner Rückkehr. Um einem Mißbrauch der Hilfe vorzubeugen, kontrollieren die Caritas-Mitarbeiter in Absprache mit dem Sozialamt die Personalausweise der Besucher und richten sich bei der Herausgabe der Kleidungsstücke nach der Größe der Familie
17 Angestellte sind damit beschäftigt, die eingehende Kleidung zu sortieren. Hartmut Kania, der keinerlei staatliche Unterstützung bekommt, bezahlt ihr Gehalt aus Spenden. Das Geld kommt nicht nur aus Deutschland. Auch die Empfänger der Kleiderspenden geben häufig eine kleine Spende. Mit dem Kollektenaufkommen allein kommt die Herz-Jesu-Gemeinde nicht sehr weit. Die meisten Gottesdienstbesucher sind arm, darunter viele Sozialarbeiter aus aller Welt
Die Kleiderspenden aus dem Bistum Görlitz werden nach Brosdetzkos Einschätzung bis Juni oder Juli reichen. Bis zum Herbst will er versuchen, den St. Petersburgern Nachschub zukommen zu lassen
Falls es nicht gelingt, die nötigen Transportkosten aufzubringen und bürokratische Hürden zu überwinden, müßten die Beschäftigten im Kleiderlager entlassen werden. Besonders groß sei der Bedarf an Schuhen und an Kleidung für Männer und Kinder
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 27.04.1997