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Fünf Jahre Bahnhofsmission Magdeburg

Magdeburg (dw) - Die Betreuung von Reisenden und das Engagement für sozial Schwache unter einen Hut zu bekommen, ist für Bahnhofsmissionen oft eine schwierige Gratwanderung. Noch dazu, wenn die zuständige Bahnhofsverwaltung Kontakte zu Obdachlosen und Ausgegrenzten mit Argwohn betrachtet

Die ökumenische Bahnhofsmission in Magdeburg hat bei ihrer Gratwanderung offenbar Glück. Der Magdeburger Bahnhofsmanager Peter Brammer bedankte sich am fünften Geburtstag der ökumenischen Bahnhofsmission für die "partnerschaftliche Zusammenarbeit". Die Bahnhofsmission unterstütze die Bahn AG in ihrem Service für die Reisenden, sagte Brammer im Gespräch mit dem Tag des Herrn. Gelegentlichen Ärger mit "Problemgästen" der Einrichtung auf Bahnsteig sechs habe man bislang immer gemeinsam aus dem Weg räumen können

Nicht nur mit dem Bahnmanagement, auch mit dem Bundesgrenzschutz und der Bahnschutzgesellschaft arbeitet die Bahnhofsmission nach Einschätzung der Leiterin Adelheid Bornholdt gut zusammen. Unter anderem hat sich ein Arbeitskreis "Soziale Not am Bahnhof" gebildet, dem all diese Partner angehören, und der nicht nur zusammentrifft, wenn akute Schwierigkeiten auftreten

Noch ist allerdings offen, ob der gegenwärtige günstige Standort der Bahnhofsmission gehalten werden kann. Seit kurzem kann die Bahnhofsmission Räume im Erdgeschoß nutzen, die auch mit Rollstuhl oder Kinderwagen erreichbar sind. Die Räume im ersten Stock, in denen sich die Bahnhofsmission vorher aufhielt, werden gerade renoviert. Gerade für Reisende mit schwerem Gepäck sei das Erdgeschoß ideal, sagt Adelheid Bornholdt, die schon in der Aufbauphase der Magdeburger Bahnhofsmission dabei war. "Und schließlich ist die Begleitung der Reisenden unsere erste Aufgabe", betont sie

Doch auch die Arbeit für sozial Schwache liegt ihr am Herzen. "Der Bahnhof wird immer ein sozialer Brennpunkt bleiben", ist in der Konzeption der Bahnhofsmission zu lesen. "Hier wird sich die Armut immer wieder einfinden und sie wird nicht ausgesperrt werden können, denn die Wirklichkeit läßt sich nicht verdrängen", heißt es da weiter

Schon vor 50 Jahren war der Magdeburger Bahnhof ein Ort, an dem soziale Not sichtbar wurde. Aus dieser Zeit erzählte Anneliese Tausche den Festgästen des Missions-Jubiläums. Sie half als junges Mädchen von 1947 an drei Jahre lang in der katholischen Bahnhofsmission mit, die neben einer evangelischen Bahnhofsmission bis 1956 bestand. Sie gehörte zu einer Mädchengruppe der St.-Norbertgemeinde, die wöchentlich zum Dienst am Bahnhof eingeteilt wurde

Nach Feierabend ging das Lehrmädchen auf den Bahnhof und suchte an den Fernzügen gezielt nach Hilfsbedürftigen. Zumeist waren es Flüchtlinge aus dem Osten, ältere Menschen und Frauen mit Kinder, die ihr in den spärlich beleuchteten und schlecht heizbaren Raum der Bahnhofsmission folgten. Sie bot ihnen heißen Tee an. Für diejenigen, die erst am folgenden Tag weiterreisen konnten, gab es Übernachtungsmöglichkeiten. "Viele wollten mit dem Zug bis Marienborn. Sicher sind sie dann schwarz über die Grenze in den Westen gegangen", vermutet Anneliese Tausche

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 17 des 47. Jahrgangs (im Jahr 1997).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 27.04.1997

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