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Aus der Region

Kirche betrat Neuland - mit Erfolg

Vor fünfzehn Jahren nahmen fünf katholische Gymnasien den Schulbetrieb auf

Dessau / Dresden / Halle / Heiligenstadt / Magdeburg (mh / ep) - Betrachtet man die Zahlen, dann schneidet der Osten Deutschlands gegenüber dem Westen bescheiden ab: Von den über 200 katholischen Gymnasien befinden sich lediglich sieben in den Bistümern Dresden-Meißen, Erfurt und Magdeburg. Dennoch: Der Aufbau von Gymnasien in katholischer Trägerschaft in den letzten zehn Jahren, ist eine "Erfolgsgeschichte", sagt Heinrich Wiemeyer, Schulleiter des Norbertusgymnasiums in Magdeburg. "Die Akzeptanz unserer Schule ist sehr groß, unser Ruf ist gut." Das bestätigt auch Jesuitenpater Frido Pflüger, Schulleiter des Dresdner St.- Benno-Gymnasiums: "Wir haben in den letzten Jahren sehr viel erreicht." Groß ist deshalb die Freude, mit der fünf Gymnasien in diesen Tagen ihr zehnjähriges Bestehen feiern. Neben den Gymnasien in Magdeburg und Dresden nahmen auch das Liboriusgymnasium in Dessau, das Elisabeth-Gymnasium in Halle und die Bergschule St. Elisabeth in Heiligenstadt 1991 ihren Schulbetrieb auf. Später folgten das Peter-Breuer-Gymnasium Zwickau und die Edith-Stein-Schule Erfurt.

Häufig waren es interessierte Eltern, die den Anstoß zur Gründung gaben. Nach den Erfahrungen mit der Schule in der DDR wünschten sie sich Alternativen. Nicht immer waren die kirchlich Verantwortlichen sofort begeistert. Katholische Gymnasien waren eine von vielen völlig neuen Möglichkeiten des Engagements, die sich für die Kirche in jenen Jahren öffneten. Deshalb hieß es vor allem: Ist die kleine katholische Kirche in dieser Region in der Lage, den Schulen tatsächlich ein christlich-katholisches Profil zu geben? Und: Können wir das finanzieren?

Nach der Gründung der Gymnasien folgten oft Monate, manchmal Jahre der Provisorien: Schulgebäude mussten gefunden, umgebaut oder neu gebaut werden. Und es galt, an dem zu arbeiten, was heute das Profil dieser Schulen ausmacht. An einem mangelte es von Anfang an nicht: an interessierten Eltern und Kindern. Oft waren es drei-, viermal so viele Kinder, wie aufgenommen werden konnten.

Dieses Interesse hat sich bis heute kaum geändert und spricht für die Qualität der Schulen. "Wer vom Norbertusgymnasium kommt, hat an den Hochschulen gute Chancen", sagt Wiemeyer. Diese Erfahrungen hätten die ersten Abiturienten inzwischen gemacht. Auch Unternehmen würden die Schüler gern einstellen. Als "gut bis sehr gut" schätzt Pflüger die Qualität des Unterrichts am Benno-Gymnasium ein. "Andernfalls würden die Eltern ihre Kinder nicht anmelden." Und für das Heiligenstädter Gymnasium sagt deren Direktorin Annegret Fuehr: "Unsere Schule hat einen festen Platz in der Bildungslandschaft." Den guten Ruf der Gymnasien begründet dabei nicht nur der Unterricht, sondern oft auch das außerunterrichtliche Angebot: Der Schwerpunkt liegt dabei im künstlerisch-musischen Bereich.

Als dritter Akzent kommt das hinzu, was das Katholische an diesen Gymnasien ausmacht. Hier mussten die ostdeutschen Einrichtungen Neuland betreten. Thomas Quecke, Schulleiter des Elisabeth-Gymnasiums Halle: Die Übernahme von Schulkonzepten aus den westlichen Bistümern sei in den neuen Ländern kaum möglich gewesen. Zielsetzungen wie "Pflege des katholischen Milieus" oder "Missionierung ungetaufter Schüler" hätte dem Elternwillen krass widersprochen. Dass die katholische Kirche in den neuen Bundesländern die Trägerschaft über Schulen übernommen hat, ist nicht in erster Linie Selbstzweck, sondern -so sagt es beispielsweise ausdrücklich der Magdeburger Bischof Leo Nowak - "ein Dienst an der Gesellschaft, an den Menschen in unserem Land". "Durch den Dienst an den jungen Menschen hilft Kirche mit, die Zukunft zu gestalten", sagt Schulleiter Pflüger (Dresden). Und Annegret Fuehr (Heiligenstadt) nennt das Stichwort "kulturelle Diakonie".

Einen Ausdruck findet dieses Selbstverständnis in der Zusammensetzung der Schüler: Außer in der Heiligenstädter Bergschule, die mitten im katholisch geprägten Eichsfeld liegt, sind an allen anderen Gymnasien die katholischen Schüler nicht in der Mehrheit. Die Schulen stehen grundsätzlich allen offen, und so sind häufig neben den katholischen Schülern ein Viertel bis ein Drittel evangelisch oder ungetauft. Evangelischer Religionsunterricht steht ebenso auf den Stundenplan wie der katholische, in einigen Gymnasien gibt es auch Ethikunterricht.

Religiöse Angebote gehören selbstverständlich zum Schulalltag: Morgenandachten, Gottesdienste, Besinngungstage, Exerzitien ...Diese Angebote werden auch von den nicht christlichen Schülern genutzt. Schulleiter Wiemeyer (Magdeburg): "Wo haben die jungen Leute sonst Gelegenheit dazu? Was daraus wird, haben wir nicht in der Hand!" Keinesfalls gehe es um vordergründige Missionierung. Thomas Quecke (Halle): "Christlicher Glaube wird selten durch die Tradierung einer Lehre, sondern fast immer durch glaubwürdiges Vor-Leben anderer Menschen geweckt." Die Zahl der Schüler, die katholisch werden, sei "kein Kriterium für den Erfolg unserer Arbeit."

Für viel wichtiger halten die Verantwortlichen der Gymnasien die Prägung, die die jungen Menschen während ihrer Schulzeit erhalten. Das christliche Menschenbild und die damit verbundenen Werte bilden die Basis. Dabei will man zeigen: "Unser Glaube und unsere Botschaft hilft, humane Gesellschaft zu fördern", sagt Schulleiter Pflüger (Dresden). Konkret spiegelt sich das wieder in der Art und Weise, wie Schüler untereinander und Lehrer und Schüler miteinander umgehen. Pflüger: "Wir haben eine Überschrift über unserer Schule: Hier sind Menschen, die unendliche und absolute Würde besitzen. Mit diesen Menschen muss ich liebend umgehen, auch wenn sie mir auf den Geist gehen oder wenn ich als Lehrer mit ihnen Disziplinschwierigkeiten habe." Thomas Quecke (Halle): "Wir verpflichten uns darauf, jeden Schüler unabhängig von seiner Leistung als Person ernst- und anzunehmen." Ein Ansatz, der erfolgreich ist, denn viele Schüler - so sagt es Dagmar Hertig, Religionslehrerin am Elisabeth-Gymnasium -meinten immer wieder: "Bei uns herrscht eine ganz bestimmte Atmosphäre."

Dieser Umgang miteinander spiegelt sich auch im Engagement nach außen: Einen hohen Stellenwert haben beispielswei-se die Sozialpraktika, die intensiv vorbereitet und begleitet werden. Ein anderes Projekt ist der Heiligenstädter Schulleiterin Fuehr besonders wichig: die Beteiligung an "Schule ohne Rassismus".

Natürlich haben auch die katholischen Gymnasien mit Schwierigkeiten und Problemen zu kämpfen: Da geht es um finanzielle Fragen angesichts zurückgehender öffentlicher Gelder. Da gibt es Sorge, genügend Lehrer zu finden, die ihre Arbeit aus christlichem Geist heraus tun. Neben diesen Fragen wollen die Verantwortlichen weiter an der Schärfung des Profils der Schulen arbeiten. Hier werden die katholischen Gymnasien in den neuen Bundesländern zunehmend eine wichtige Rolle für ganz Deutschland spielen: Schon heute gebe es im Western großes Interesse an den ostdeutschen Schulkonzepten, sagt Pater Pflüger, denn: "Wir können hier heute schon eine katholische Schule für eine Situation gestalten, wie sie im Westen in Zukunft auch kommen wird."

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 39 des 51. Jahrgangs (im Jahr 2001).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Donnerstag, 27.09.2001

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