Soziales als erstes Ziel der Politik
Jahresempfang für Politiker und Abgeordnete
Dresden (kpi) - Zu seinem traditionellen Jahresempfang hatte der Bischof von Dresden-Meißen, Joachim Reinelt, die Mitglieder der Staatsregierung des Freistaates Sachsen, die Abgeordneten das Sächsischen Landtages, die sächsischen Abgeordneten im Deutschen Bundestag und im Europa-Parlament sowie die Leiter der ausländischen Konsularvertretungen am Donnerstag, dem 24. Mai ins Bischöfliche Ordinariat nach Dresden eingeladen
Bischof Joachim Reinelt stellte in seinen Begrüßungsworten fest, daß in der gegenwärtigen Konfrontation zwischen dem Prinzip des freien Marktes und dem Prinzip des sozialen Ausgleichs der Risikoabbau vor der in der Marktwirtschaft erforderlichen Risikobereitschaft rangiere und trotz beträchtlicher Gewinne der Unternehmen nicht genügend investiert werde. "Die eingreifende, regulierende Politik muß in solchen Situationen motivieren, nicht verunsichern. Es dürfte für den Bürger in den neuen Ländern wenig förderlich sein, wenn das aus alter Zeit bekannte Klassenkampfsignal vom ausbeuterischen System ungewollte Nahrung durch unkluge öffentliche Polemik an der Grenze zwischen Wirtschafts- und Sozialpolitik erhält", warnte der Bischof mit Hinweis auf das Wort der beiden großen Kirchen "Für eine Zukunft in Solidarität und Gerechtigkeit"
Auch für Sachsen müsse "der Abbau der Massenarbeitslosigkeit und der Einsatz für sozial Benachteiligte erstes Ziel der Politik sein". Joachim Reinelt forderte aber auch dazu auf, das positiv Geleistete in den Medien objektiv zu würdigen
Für die Politiker ergriff der Vizepräsident des Sächsischen Landtages - Heiner Sandig - das Wort. Er trat für einen besseren Dialog zwischen Kirche und Politik ein, für eine Politik, die durchaus über theologische Wertvorstellungen nachdenken und sie für sich fruchtbar machen solle. Er nannte als Beispiel die Formulierung von der "Kultur des Erbarmens" aus dem gemeinsamen Wirtschafts- und Sozialwort der Kirchen und stellte die Frage in den Raum, was dies für Schule und Erziehung, für die Innere Sicherheit, für Sozial-, Wirtschafts-, oder Finanzpolitik bedeuten könne und müsse
Die Dresdner Kapellknaben bereicherten den festlichen Abend und sangen unter Leitung von Domkapellmeister im Ruhestand Konrad Wagner, der auch einiges zur Geschichte und zum Wirken dieses an der katholischen Hofkirche, der heutigen Kathedrale des Bistums, beheimateten Chors sagte
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 04.05.1997