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Bistum Magdeburg

Christ mit Charakter gefragt

Akademikerwallfahrt

Röderhof (dw) - Welche Eigenschaften muß ein Christ entwickeln, um in der heutigen "Offenen Gesellschaft" dem Auftrag Gottes gerecht zu werden? Pater Athanasius Polag, der Prior des Benediktinerklosters Huysburg, suchte Antworten auf diese Frage in der als außerordentlich zeitlos geltenden Regel seines Ordensgründers Benedikt

Während der "Benediktuswallfahrt" am 4. Mai auf der Huysburg verwies er auf verläßliche Verhaltensweisen, auf die es - neben den bewährten Tugenden - heute ankomme. Wachsende Bedeutung kommt Pater Athanasius zufolge dem Umgang mit der Zeit, der Aufnahme von Kritik und der Bereitschaft, auf veränderte Lebensverhältnisse einzugehen, zu

Wertorientierte Menschen müßten in Anbetracht der veränderten Art des Arbeitens und der Kommunikation bedachtsamer mit der zur Verfügung stehenden Zeit umgehen. Wenn Zeiten der Reflektion wegfielen, gehe Wesentliches verloren

Wenn die Kommunikation intensiver werde, träten auch die Hindernisse, die der Einzelne der Kommunikation in den Weg stelle, deutlicher zutage. Nur wer bereit sei, Kritik und Hinweise für das eigene Leben anzuhören und anzunehmen, könne diese Hindernisse abmindern

Benedikt empfehle den Ordensgemeinschaften, gut auf die Kritik eines Gastes zu hören: "Vielleicht hat ihn der Herr gerade deshalb geschickt." Wer sich zu eigen mache, erst zu hören und dann zu urteilen, könne damit auch zum Abbau der Barrieren zwischen den Generationen beitragen, sagte der Prior der Huysburg. Entscheidende Verhaltensweisen beibehalten, aber gleichzeitig auf veränderte Verhältnisse eingehen: Das sei eine Kunst, die die Fähigkeit einschließe, lebenslang zu lernen. Als weitere "aktuelle Tugenden", die Christen in Verantwortung für die Gesellschaft pflegen sollten, nannte der Referent "Redlichkeit" und geduldigen Umgang mit menschlicher Schwäche. Wer in der Lage sei, sich selbst als schwachen Menschen vor Gott wahrzunehmen, könne auch die Schwäche des anderen anerkennen und werde sie nicht zum eigenen Vorteil nutzen. Er werde auch anders mit den Schwächen der Kirche umgehen

Ein von den genannten Tugenden geprägter Lebensstil lasse sich letztlich nur in Gemeinschaft durchhalten. Er führe dazu, daß der Christ resistent werde gegenüber der Macht der Medien und Verantwortung für andere und für das Gemeinwesen übernehme

Da Christen sich nicht mehr auf christliche Traditionen stützen könnten, müßten sie sich zu Persönlichkeiten entwickeln, die als Minderheit bestehen können. Dazu gehöre unter anderem die Kunst, Meinungen mit einer gewissen Portion Charme so zu vertreten, daß sie nicht als Engstirnigkeit ausgelegt, sondern als interessante und attraktive Besonderheit aufgefaßt werden

Christen müßten ihre Verantwortung wahrnehmen, um dem Zerfall der Gesellschaft entgegenzuwirken. Beispielsweise sollten sie bereit sein, auf die Bildung nachwachsender Generationen Einfluß zu nehmen, egal ob diese christlich seien oder nicht

Athanasius Polag verwies in diesem Zusammenhang auf die Rede, die Bundespräsident Roman Herzog am 26. April in Berlin gehalten hat. Herzog äußerte in dieser Rede unter anderem Erwartungen an "Vorbilder" der Gesellschaft, die wertorientiert, unabhängig von den Medien und bereit zu Entscheidungen und zur Leistung handelten

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 19 des 47. Jahrgangs (im Jahr 1997).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 11.05.1997

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