Sie ließ einen Traumjob sausen
Der neue Beruf - eine echte Berufung
Barbara Ludewig war mit gerade einmal 30 Jahren das "Küken" im ersten praxisbegleitenden Studienkurs für Gemeindereferenten. Als sie 1992 das Angebot bekam, im Gemeindedienst der Chemnitzer St. Josefs-Gemeinde zu arbeiten, hat sie dafür einen Beruf aufgegeben, der ihr sehr viel Spaß machte: Sie war Ausbilderin für Krankenschwestern am Elisabeth-Krankenhaus Halle. Nicht jeder hat wohl damals verstanden, warum sie diesen Schritt tat: "Irgendwie war es wohl eine echte Berufung", sagt sie selbst
Die Arbeit in der St. Josefs-Gemeinde macht der gebürtigen Dresdnerin sehr viel Spaß. Vom ersten Tag an fühlte sie sich nicht nur vom Seelsorgeteam, sondern von der ganzen Gemeinde gut akzeptiert. Barbara Ludewigs Aufgabengebiet ist die Arbeit mit Kindern. Mehr oder weniger zwangsläufig wuchs sie dabei über eigene Grenzen hinaus. Obwohl sie sich mangels herausragender musikalischer Begabung nie vorstellen konnte, einmal einen Kinderchor zu leiten, tut sie das heute. "Und es klappt sogar einigermaßen", lautet die knappe Selbsteinschätzung. Darüber hinaus engagiert sie sich für Asyl- und Eine-Welt Arbeit in Chemnitz. Diese persönliche Leidenschaft hat sich auch in ihrer Studienabschlußarbeit niedergeschlagen. "Option für die Armen als Herausforderung für die Kirche" heißt das Thema dieser Arbeit
Auf die Seminarwochen in Magdeburg, das Wiedersehen und den Austausch mit den Kurskolleginnen hat sie sich jedesmal gefreut. In vielerlei Hinsicht habe man sich gegenseitig bestärkt, zum Beispiel in der Anfangszeit, als man im Kollegenkreis mitunter "nicht so ganz für voll genommen" worden sei. Auf eigene Initiative hin wollen sich die Frauen jedes Jahr wiedertreffen. Ein erstes Wiedersehen mit Weiterbildung über das Alte Testament ist für September geplant
Belastend empfand Barbara Ludewig es manchmal, daß das Ausbildungskonzept erst im Laufe des Kurses entstand: "Es gab Leerlaufzeiten, dann wieder Zeiten, in denen sich alles überschlug." Da hat sie dann ihre Mitstudentinnen bewundert, die "nebenbei" noch eine Familie zu versorgen hatten
Ungünstig findet sie im nachhinein, daß die Gemeinde und ihr Pfarrer zu Beginn ihrer Ausbildung noch nicht wußten, wieviel Zeit ihr zum Studieren bleiben müsse. Wenn man erst einmal im Religionsunterricht und bei anderen Aufgaben fest eingeplant sei, werde es schwierig, die notwendige Zeit zum Lernen zu finden
Im großen und ganzen war das Seminar für Gemeindepastoral für sie jedoch eine positive Überraschung: "Ich habe eine größere theologische Weite vorgefunden als erwartet." Die Seminarwochen seien nicht nur kopflastig gewesen. Angebote wie gemeinsames Töpfern oder Basteln hätten zur Entspannung beigetragen und obendrein Ideen für die Arbeit geliefert
Ebenso wie ihre Mitstudentinnen hat Barbara Ludewig schon zu Beginn des Studiums von ihrer Diözese mitgeteilt bekommen, wie es im Anschluß weitergehen würde
Sie wird der Chemnitzer St.-Josefs-Gemeinde erhalten bleiben
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 18.05.1997