Zwei Wege zum gleichen Beruf
Berufsbegleitendes Studium für Gemeindereferent(inn)en
Die ersten angehenden Gemeindereferentinnen haben kürzlich den praxisbegleitenden Studiengang des Magdeburger Seminars für Gemeindepastoral abgeschlossen. Den neuen Studiengang hatte die Magdeburger Ausbildungsstätte 1992 eingerichtet. In erster Linie richtete sich das Angebot damals an Frauen, die in der DDR ohne Berufsabschluß hauptberuflich in den pastoralen Dienst gelangt waren
In Katechetenkursen hatten die Bistümer diesen Frauen früher, so gut es ging, zum nötigen Rüstzeug für ihre Arbeit in den Gemeinden verholfen. Mit der Wende fiel der fehlende Berufsabschluß plötzlich stärker ins Gewicht, unter anderem im Blick auf das Gehalt. Unter den 15 Studentinnen des ersten praxisbegleitenden Kurses waren Frauen, die schon jahrzehntelange Berufserfahrung gesammelt hatten. Einige nutzten den neuen Studiengang jedoch auch, um beruflich umzusatteln. Im Rhythmus von zwei Jahren begannen bereits zwei weitere praxisbegleitende Kurse. Mittlerweile gehören auch Männer zu den Teilnehmern
Das Hauptgewicht lege das Seminar nach wie vor auf den bereits seit 1948 angebotenen Direktstudiengang, erläutert Rektor Raimund Sternal. Das praxisbegleitende Studium will er aber keineswegs als zweitklassig verstanden wissen: "Wir erarbeiten die gleichen Inhalte auf andere Weise." Der praxisbegleitende Studiengang sei für die angehenden Gemeindereferentinnen allerdings mit außerordentlichen Belastungen verbunden, räumt der Rektor ein. Im Berufsalltag falle es nicht immer leicht, Zeiten zum Lernen freizuhalten. Besonders groß seien die Hürden für die Familienmütter gewesen. Der erste Kurs habe obendrein darunter leiden müssen, daß sich das Ausbildungskonzept im Laufe der Jahre wandelte
Der ursprüngliche Plan des Seminars, das Studium in sehr enger Zusammenarbeit mit der Domschule Würzburg durchzuführen, platzte. Die Suche nach Alternativen dauerte längere Zeit. Die Zusammenarbeit mit der Domschule beschränkt sich nun auf die Nutzung der Würzburger Lehrbriefe und auf die Abnahme der Prüfungen. Die Lehrpläne für die Seminarwochen hat das Magdeburger Dozententeam selbst erstellt
Neben dem Theologiestudium und der pastoralen Praxis hält Raimund Sternal die geistliche Weiterentwicklung der angehenden Gemeindereferentinnen und -referenten für wesentlich. "Ein lebendiger Glaube ist in diesem Beruf mehr denn je entscheidend", sagt er. Es werde immer wichtiger, auf Menschen zuzugehen, die bisher nichts mit dem christlichen Glauben zu tun hatten. Die hauptamtlichen Mitarbeiter der Gemeindepastoral müßten dafür gewappnet sein. In beiden Ausbildungsgängen bilden deshalb Geistliche Abende, gemeinsame Gottesdienste und Lehrveranstaltungen über Spiritualität feste Bestandteile
Eine Vorbereitung auf das Berufsleben soll auch das gemeinschaftliche Leben im Seminar sein.Während die Absolventen des Direktstudiums drei Jahre lang gemeinsam wohnen und studieren, beschränkt sich diese Erfahrung für die Absolventen des praxisbegleitenden Studiums auf wenige Wochen. Dem ersten Kurs bescheinigt der Rektor, in dieser Zeit zu einem sehr guten Team zusammengewachsen zu sein. Die Frauen verbinde nicht nur die gemeinsame Erfahrung, sondern auch viele gemeinsame Themen, zum Beispiel die Rolle der Christen in der Gesellschaft, die Gemeinden der Zukunft oder das Zusammenspiel mit anderen pastoralen Diensten.
Dorothee Wanzek
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 18.05.1997