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Bistum Dresden-Meißen

Es geht weiter

Interview mit dem neuen Chef der Kapellknaben

Seit Mai sind Sie als Domkapellmeister und Leiter des Kapellknabeninstitutes für die katholische Kirchenmusik in Dresden verantwortlich. Was ist das für ein Gefühl?
Zuerst möchte ich betonen, daß ich die Arbeit meines Vorgängers, Domkapellmeister Konrad Wagner, als Verpflichtung ansehe, ich möchte unbedingt auf diesem Weg weitermachen. Es gibt viele gute Dinge zu übernehmen, das heißt aber auch, sie Stück für Stück im heutigen Sinne zu beleben. Wichtig ist mir zu sagen, daß es weitergeht, mit der Musik an der Kathedrale als auch mit den Kapellknaben.
Was bedeutet das konkret?
Mir geht es um neue Möglichkeiten der Musik, die Entwicklung bleibt ja nie stehen. Ich denke da an Aufführungen von Werken heutiger Musiker, für die heutige Zeit komponiert. Und wie mein Vorgänger möchte ich eigene Werke einbringen. Ich denke aber auch an Kompositionen von Kollegen. Jede Art von Musik, die zur Ehre Gottes paßt, möchte ich nehmen. Darunter verstehe ich auch Musik, die bisher kaum an der Kathedrale gesungen wurde, wie beispielsweise Johann Sebastian Bach.
Stichwort Kapellknaben: Welche Bedeutung hat der Chor für die Diaspora?
Die Kapellknaben sind ein Chor, der direkt dem Bischof unterstellt ist, und der Bischof ist ja auch nicht nur für den Dom, sondern für das ganze Bistum da. Die Ausstrahlung der Kapellknaben soll das ganze Bistum, aber auch im Rahmen unserer Möglichkeiten die Nachbardiözesen erreichen. Ich möchte verstärkt mit den Kapellknaben an Samstagabenden in die Gemeinden fahren, um dort zu singen. Und es muß ja nicht unbedingt immer das große Hochfest sein.
Wie steht es mit dem Nachwuchs?
Wir haben jetzt zweimal mit ziemlich großem Erfolg einen Tag der offenen Tür durchgeführt. In diesem Jahr werden wenigstens 13 Jungen bei uns anfangen. Darüber bin ich sehr froh, da ich große Lücken in den Jahrgängen übernommen habe. Wir müssen in Zukunft weiter über gute Öffentlichkeitsarbeit auf die besonderen Möglichkeiten der Ausbildung bei den Kapellknaben hinweisen. Problematisch ist allerdings die Spannung zwischen Familie und Internat: Wir müssen immer wieder zeigen, was ein katholisches Internat bietet und daß es sich lohnt, wenn die Kinder wenigstens teilweise dort mitleben. Die meisten kommen ja ohnehin aus Dresden und Umgebung, somit ist die Bindung an die Eltern gesichert. Was nicht heißt, daß wir Jungen aus anderen Regionen nicht aufnehmen. In diesem Jahr kommt ein Eichsfelder zu uns, und ich selbst kam als junger Sänger aus dem Havelland zum Chor, meine Kommilitonen aus Gotha oder Bad Doberan.
Was bedeutet für Sie Musik im kirchlichen Raum?
Über Musik werden viele Gefühle eingebracht. Sie ist eine große Möglichkeit, die Verkündigung zu verstärken. Doch aus der Messe darf kein Konzert werden. Wir können allerdings darüber nachdenken, in die Kathedrale wieder zu Konzerten einzuladen. In erster Linie geht es aber um den ursprünglichen Sinn, den die Kapellknaben und die Kirchenmusik haben: Sich in die Herzen der Menschen zu singen und ihnen so zu helfen, ihre Gedanken zu Gott zu tragen.

Interview: Holger Jakobi

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 20 des 47. Jahrgangs (im Jahr 1997).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 18.05.1997

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