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Bistum Magdeburg

Verständnis füreinander wächst

Magdeburger Gymnasiasten beim Adalbert-Jubiläum in Kaliningrad

Magdeburg (kps / dw) - "Als vor vier Jahren die Schulpartnerschaft mit dem Kaliningrader Lyzeum 35 begann, herrschte Unsicherheit und Unkenntnis vor. Jetzt begegnen wir uns wie gute Bekannte." Wolfgang Neuhaus, der Schulleiter des Magdeburger Norbertusgymnasiums, nahm am 2. Mai gemeinsam mit 15 Schülern in Kaliningrad an einer ökumenischen Feier zum 1000. Todestag des Heiligen Adalbert von Prag teil. Zum vierten Mal war eine Gruppe von Russischschülern des Norbertusgymnasiums zu Besuch in der russischen Stadt

Für einige der russischen Gastgeber sei die Teilnahme an dem Festgottesdienst im katholischen Gemeindezentrum mit dem katholischen Bischof von Moskau und Geistlichen aus Tschechien und Polen der erste Besuch in einer Kirche gewesen, erzählt der Schulleiter. Die Auseinandersetzung mit dem Leben Adalberts sei sowohl für Magdeburger als auch für die Kaliningrader eine Besinnung auf gemeinsame Wurzeln gewesen und habe dazu beigetragen, Verständnis füreinander zu entwickeln

Die Freude war allerdings mit einer heftigen Enttäuschung gemischt: Die orthodoxen Christen der Stadt hatten ihre Teilnahme an dem ökumenischen Gottesdienst kurzfristig abgesagt. Die Feier konnte deshalb auch nicht im Kaliningrader Dom stattfinden, sondern in weitaus bescheidenerem Rahmen im katholischen Gemeindezentrum

Wenige Kilometer von Kaliningrad entfernt war Adalbert im April 997 von heidnischen Pruzzen erschlagen worden. Der evangelische Pfarrer Andreas Volkmann aus Magdeburg, der sich zeitgleich mit den Schülern in Kaliningrad aufhielt, schildert seinen Eindruck vom Besuch der historischen Stätte

"Weithin sichtbar zieht das gewaltige Kreuz den Blick der Seefahrer magisch an. Zehn Meter hoch ragt der stählerne Koloß gen Himmel. Auf einer Lichtung mitten im Wald, am Rande der Steilküste, die bei dem ehemaligen Dorf Tenkitten ins Meer fällt

Ein erstes Kreuz hatten protestantische Christen hier im vergangenen Jahrhundert errichtet, weit bescheidener. Trotz liebevoller Pflege ist es dem Zahn der Zeit zum Opfer gefallen, berichten die Annalen. Pläne, es wieder herzustellen, haben über 80 Jahre lang versteckt in den Schubladen gelegen. Nun konnten sie ausgeführt werden. Etwas zu bombastisch, wie die Pilger aus Deutschland und Polen, Litauen, Österreich meinen, die Ende April und am ersten Mai-Wochenende zusammen mit den evangelischen und katholischen Christen des Kaliningrader Gebietes dort des Mannes gedachten, dem das Kreuz gewidmet ist

Doch Zeichen der Freude, nach Jahrzehnten der Vertreibung und Verfolgung nun auch hier wieder in Freiheit als Gemeinde leben zu können

Sie sind wenige und werden es wohl auch bleiben. Eine knappe Million Menschen leben hier; etwa die Hälfte in Kaliningrad selbst, der Rest im ganzen Gebiet zerstreut auf einzelnen Höfen und in kleinen Siedlungen. Von 3 000 Evangelischen weiß Klaus Wittenburg, die er als Propst in 30 Gemeinden regelmäßig besucht und mit denen er Gottesdienst feiert

Das sind 0,3 Prozent der Bevölkerung. Die katholischen Gemeinden sind nur wenig größer. Und obgleich der orthodoxe Erzbischof im Brustton der Überzeugung verkündet "russische Seele ist gläubige Seele" werden nach wie vor mehr Lenin-Monumente restauriert als christliche Kirchen

Das Kreuz bei Tenkitten ist Zeichen der Hoffnung einer verschwindenden Minderheit, die mit der Zuversicht lebt, daß ihr als christlicher Gemeinde Zukunft beschieden ist. Denn Menschen können Menschen töten, nicht aber den Glauben. Deshalb behalten sie den Märtyrertod des Heiligen Adalbert fest in ihrer Erinnerung

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 20 des 47. Jahrgangs (im Jahr 1997).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 18.05.1997

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